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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1010 bewiesen uns nicht wie seine Freunde, sondern wie seine Feinde, und verzehrten, ja wir verbrannten selbst zum Theil seine ganze Habe; nur seine Leibeigenen ließen wir ihm. Und hiebei trat selbst der König nicht als Gero’s Rächer oder Beschützer auf.

Von da zogen wir in den Luzicier Gau [Lausit], an dessen Gränze eine Burg Jarina[1] liegt, die diesen Namen vom Markgrafen Gero erhielt, der ein großer Mann war und auch der Große genannt wurde. Hier wurden zwei Brüder aus der Landschaft Hevellun und der Stadt Brandenburg eingefangen, welche zum Bolizlav gegangen waren, um ihn gegen den König in Bewegung zu setzen, und nun vom Wege abschweifend öffentlich in die Schlinge fielen, die sie heimlich gelegt hatten. Da diese über viele Punkte befragt, von dem allen nichts eingestehen wollten, so wurden sie beide zugleich auf einer Anhöhe aufgeknüpft. Dort wurden der König und sein geliebter Tagino krank. Darnach beriethen die Fürsten angsterfüllten Herzens, was in Betreff des begonnenen Feldzugs zu thun sei. Endlich hielten sie es für das beste, daß der König mit einigen Bischöfen und dem schwächsten Theile des Heeres heimziehen, die Bischöfe Arnulf [von Halberstadt], und Meinwerk [von Paderborn] aber mit dem Herzoge Jarimir und den Markgrafen Gero und Heriman und mehreren andern die Gauen Cilensi und Diedesi verheeren sollten. Und so geschah es.

Da die genannten Herren nun bei der Stadt Glogua[2], wo sich Bolizlav selbst befand und sie sehen konnte, mit ihren geordneten und gerüsteten Schaaren vorbeizogen, regten sie die Kampflust der sie von den Mauern herab erblickenden Krieger an, und diese fragten dann ihren Feldherrn, warum er das dulde, und baten um Erlaubniß, sich mit ihnen messen zu dürfen. Bolizlav aber antwortete: „Das Heer, welches ihr vor euch seht, ist zwar an Zahl klein, aber es ist groß an Tapferkeit und aus den übrigen Tausenden auserlesen. Greife ich es an, so bin ich, ich mag

  1. Gähren, etwas westlich von Liubusua; doch wird diese Erklärung bezweifelt.
  2. Glogua ist das heutige Glogau an der Oder.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/256&oldid=- (Version vom 2.10.2023)