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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1012 habt. So erwähle ich dich, mein Bruder, zu meinem Erzbischofe, nicht aus Liebe zu dir, oder aus Freundschaft, sondern weil ich deine Brauchbarkeit bestimmt erkannt habe. Und jetzt wünsche ich dringend die Gesinnung der Anwesenden zu erfahren.“ Von diesen erhielt ich darauf nur eine Antwort, nämlich die: „Wir erwählen Walterd zu unserm Herrn und Erzbischofe.“ Nach dieser Bestätigung des früher erklärten erhob sich jener, und indem er sich auf seine Kniee hinwarf, bat er um Nachsicht, indem er Gott in seiner Liebe anrief, daß er uns allen diese Wohlthat vergelten möchte, und versprach von seiner Seite alles Gute. Darauf stellte ich, mich verneigend, an ihn in Gottes Namen und um der wahren amtsbrüderlichen Liebe willen das Gesuch, er möchte doch, falls er zu der gedachten Würde gelange, meiner gar hart geschädigten Kirche ihren ihr nach dem Rechte zustehenden Sprengel wieder herstellen und ihr diesen sammt anderen ihr entrissenen Dingen vermittelst eidlicher Verpflichtungen sichern. Dies versprach er mir auch in Gegenwart Aller mit Bestimmtheit. Unterdessen schlief Bischof Herich, von der Reise ermüdet; der nun erst ankommende Bischof Wigo [von Brandenburg] schloß sich unserer Wahl an. Darnach ward von uns allen der Domküster Reding an den König gesandt mit der Bitte, daß er doch des Herrn und seines alten Versprechens, wenn je der Fall einträfe, eingedenk sein und die verwaiste Gemeinde des heil. Mauritius, die über den Verlust eines solchen geistlichen Vaters tief betrübt sei, mit neuem Troste erfüllen möchte.


43. Als die erste Hora eingeläutet war, erwachte Bischof Erich und sang eine Todtenmesse. Nach dem Evangelium aber zeigte er allen Anwesenden an, zu welchem Zwecke ihn der König geschickt habe, und ertheilte im Namen des verstorbenen Erzbischofs uns Vergebung der Sünden, forderte auch, daß dieselbige von Allen nachgesucht würde. Denn es war damals der dritte Tag seit dem Tode Tagino’s, der nebst dem siebenten und dem dreißigsten wegen des Mysteriums, das darin enthalten ist, nämlich ob des Glaubens

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/261&oldid=- (Version vom 2.10.2023)