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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


nicht ordentlich zu essen vermochte, so sättigte er sich leicht durch 1012 Trank, den er jedoch in mäßiger Weise genoß. Gern hatte er solche, die Adel der Geburt und der Sitten besaßen, während er Niedere zwar nicht verachtete, aber sie doch von seinem Umgange fern hielt. Alle Verehrer Christi liebte er, die Verächter desselben verfolgte er mit gerechtem Hasse. Alles ihm vom Herrn anvertraute pflegte er sorglich und mühte sich, es immer fruchtbringender zu machen. Ehe er das göttliche Mysterium der Messe vollzogen hatte, war er immer ernst, nach demselben aber lächelte er Allen freundlich zu und sang gar oft mit den Seinen das Kyrie eleison. Ich für mein Theil kann es gar nicht herzählen, wie viele Geschenke und Beweise väterlicher Liebe er mir Unwürdigen zu Theil werden ließ; nur das weiß ich, daß ich ihm für dies alles nie würdig vergolten habe. Den Gehorsam, den ich ihm und seinen Nachfolgern bei meiner Amtsprüfung versprochen habe, habe ich keineswegs bewährt. Tagino erwarb für seine Kirche die Burgen Harnaburg [Arneburg],[1] Frasa [Frosa] und Pretini [Prettin][2], nebst einem Hofe, der vorher dem Grafen Eseco von Merseburg gehört hatte. Er sammelte einen sehr ausgezeichneten und reichen bischöflichen Schmuck. Acht Jahre, vier Monate und acht Tage hindurch stand diese Säule der Kirche; sie sank, wie erzählt, für die Welt, aber hinübergetragen in’s Jenseits steht sie noch fortwährend in Gottes unsichtbarem Tempel.

Am selbigen Tage starb Wunger, der Oberhirt des Klosters zu Posen, Tagino’s bischöflicher Amtsgenosse und Suffragan, im dreißigsten Jahre seiner Einführung.

Damit sei denn über diesen Gegenstand genug gesagt; jetzt will ich dem eigentlichen Gange meiner Rede auf’s neue folgen.


44. Reding kam also zum Könige und trug seine Botschaft in ehrerbietiger Bitte vor, erlangte auch, obwohl mit Mühe, das Gewünschte. Dann ließ er durch einen Abgeschickten den Waltherd

  1. Vgl. VI, 21. Anm. 3.
  2. Pretini liegt auf dem rechten Ufer der Elbe, ein wenig nördlich von Torgua (Torgau).
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/263&oldid=- (Version vom 2.10.2023)