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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


1012 45. Währenddeß kam der König, von Bolizlav durch Gesandte aufgefordert, nach Sciciani[1], um Friede zu machen. Daselbst prächtig empfangen, blieb er doch nur zwei Nächte, und kehrte, ohne etwas ausgerichtet zu haben, doch mit reichen Gaben beschenkt, heim.

Bald nachher kam denn der für den angesagten Feldzug zum Aufbruch bestimmte Tag, nämlich der 24. Juli. An diesem kamen wir bei einem Orte Namens Zribenz[2] zusammen und zogen von da hinauf nach Belegori [Belgern][3] zu. Da aber hielten die Fürsten dafür, es sei nicht rathsam, daß wir unsern Zug bis zu Ende ausführten, sondern die Mark [Misni] müsse besetzt und befestigt werden.

In der Nacht darauf bekam der Erzbischof heftige Kopfschmerzen, und als ich am Morgen zu ihm kam, mußte ich lange auf ihn warten, ehe er aus seinem Zelte herauskam. Als er endlich heraus trat, klagte er mir, er sei sehr krank. Er versprach mir aber, er wolle sich zur Königin, die sich damals in Merseburg aufhielt, hin begeben und mich dort sprechen. Ich ging also fort von ihm, er aber las noch, obwohl er es zuerst ablehnte, doch weil gerade der Gedächtnißtag der Auffindung des ersten Blutzeugen und dazu Sonntag [August 3] war, die Messe; es war leider seine letzte. Am Donnerstage [August 7] kam ich wieder nach Merseburg, und als ich mich nun mit meinen geistlichen Mitbrüdern auf seine Ankunft vorbereitete, hörte ich von Boten, daß er in krankem Zustande zu Wagen nach Ivicansten [Giebichenstein] gekommen sei. Den nächsten Tag begab ich mich zu Pferde dahin, und fand dort den Bischof Bernward von Hildesheim, der dahin theils der Einsegnung, theils der Heilung wegen, auf die er sich wohl verstand, zum Erzbischofe berufen war; außerdem den Grafen Fritherich [von Eilenburg], dessen Bruder Graf Dedi war. Als ich eintrat, saß der Erzbischof in einem Armstuhl, und empfing

  1. Ein Ort auf der rechten Seite der schwarzen Elster.
  2. Schrenz, im Gau Reletice, östl. von der Saale, zwischen diesem Flusse und der Milda (Mulde), etwas nordöstl. von Giebichenstein.
  3. S. VI, 38.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/266&oldid=- (Version vom 2.10.2023)