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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1012 hin von denselben redete, von den Anwesenden aufgezeichnet wurden, und die man für sehr wunderbar hält.

In jenen Tagen wurden auch Zwillingsbrüder geboren, welche bei der Geburt gleich Zähne hatten und im Gesichte aussahen wie Gänse, und von denen dem Einen die Hälfte des rechten Armes wie der Flügel einer Gans gestaltet war. Beide starben unter dem Hader der Bürger[1], am dritten Tage nach der Geburt, indem sie unter einander lachten.

Ein Ritter ferner, der das Eigenthum des heiligen Clemens geplündert und dafür Genugthuung zu geben sich geweigert hatte, wurde eines Tages von einer unzählbaren Menge von Mäusen in seinem Schlafgemache angegriffen. Zuerst nun griff er nach einem Knittel und suchte sie abzuwehren, dann zog er sein Schwert und ging gegen sie an; als er aber auch so nichts ausrichtete, schloß man ihn auf sein Verlangen in eine Kiste und hängte dieselbe an einem Stricke mitten im Zimmer auf, und als nun von außen die Plage sich legte und er, von derselben frei, losgeknüpft werden sollte, fand man ihn von anderen Mäusen zernagt todt vor. Da ward allen anwesenden und nachher kommenden offenbar, daß ihn allein der Zorn Gottes, der die begangene Schandthat rächte, verzehrt hatte.[2]


50. Indeß wurde dem ebenerwähnten Herzog Jarimir [von Böhmen], welcher fußfällig um des Königs Gnade flehte, statt bes Erbarmens und der Wiedereinsetzung Verbannung und Haft zu Theil. Er ward nämlich dem Bischof Ethelbod [von Utrecht], dem Nachfolger Ansfrids, übergeben; und diese Strafe traf ihn nicht etwa wegen irgend einer Untreue gegen den König, sondern wegen des ungeheuren Blutbades, das er unter den Baiern anrichtete, welche ohne des Königs und seine Erlaubniß mit Geschenken zum

  1. Civili dissensione. In den Quedlinburger Jahrbüchern steht consensu und wird dort berichtet, daß man die Kinder umgebracht habe, weil man Gefahr besorgte, wenn sie länger am Leben blieben.
  2. Auch diese Geschichte steht in den Quedlinburger Jahrbüchern, aber viel kürzer und weniger genau berichtet.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/276&oldid=- (Version vom 3.10.2023)