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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Bolizlav zogen, und wegen des Hinmordens der ihm Anvertrauten. 1012 Unsere Feinde lachten voll Hohnes, als sie diesen Vorfall vernahmen, unsere Mitbürger aber fürchteten, daß es ihnen [den Feinden] Nutzen bringen werde.[1] Und diejenigen, welche solchen Rath unserm Könige jemals gegeben haben, mögen an sich selbst die Folgen einer solchen Handlungsweise kennen lernen.

Darnach erschien Jarimir’s Bruder Othelrich auf des Königs Geheiß zu Merseburg und empfing die Herrschaft, die er sich vorher ungerechter Weise angemaßt hatte, nun als eine freie Gabe.

Zur selbigen Zeit richteten überschwemmende Regengüsse und sich zeigende Seeräuber leider großen Schaden an.

Damals trat auch die Donau in Baiern über und der Rhein überschwemmte die Uferlande. So kam eine unzählbare Menge Menschen und Vieh um, und auch viele Gebäude und Waldungen wurden durch die Gewalt der Fluthen zerstört. Alle Bewohner jener Gegenden aber versicherten, dergleichen sei weder zu ihrer, noch ihrer Väter Zeiten je vordem geschehen, und bekannten zagend, das schreibe sich nur von ihren eigenen Missethaten her, und befürchteten, darnach werde noch etwas Großes ihnen zustoßen. – Doch jetzt kehre ich nach langer Abschweifung zu meinem Gegenstande zurück.


51. Der König kam, Merseburg verlassend, zu Schiff nach Harneburg.[2] Daselbst verhandelte er sehr viel mit den in Menge zuströmenden Slaven, mit denen er einen Friedensvertrag schloß, worauf er wieder aufbrach, und das Fest aller Heiligen [Nov. 1] zu Helmanstidi[3] feierte; dann eilte er, die östlichen Gegenden zu besuchen.

Währenddeß ließ mich Frau Ludgerd, die schwer erkrankt war, rufen; sie hielt nämlich ausnehmend viel von mir, und war, wie

  1. Id ut sibi profuturum timuerunt – ein sehr dunkler Ausdruck. Aber deutlich genug ist, daß Thietmar mit dem Verfahren des Königs sehr unzufrieden war, und mit bitterster Ironie sich darüber ausspricht. Die Umstände aber, auf welche jene Andeutungen sich beziehen, sind uns unbekannt. W.
  2. Vgl. Seite 204, Anm. 3.
  3. Helmstedt, ein Kloster, westl. von Magdeburg, ein wenig östlich von Braunschweig.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/277&oldid=- (Version vom 3.10.2023)