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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/281

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

ist, in gemeinsamer Uebereinstimmung zum Lenker unserer 1013 Kirche erwählen möget, zum Heile des Vaterlandes und indem ihr die Gnade des Allmächtigen, in dessen Hand das Herz des Königs ist, anflehet, daß diese Wahl als eine ihm wohlgefällige zu Stande komme.“ Diese Ermahnungen des Sterbenden vernahmen Alle und priesen einmüthig das Wohlwollen und die Vorsorge, die derselbe bewiesen hatte. Der nächste Tag war ein Sonntag und an dem selben ging der Selige, indem er die ihm anvertraute Heerde sammt seiner eigenen Seele mit erhobenen Händen dem höchsten Hirten überantwortete, nachdem er nunmehr seine Laufbahn vollendet hatte, dahin, wohin er lebend stets gestrebt hatte. Das war am 4. Januar. Denn er war einer von denen, nach welchen der Prophet [Jesaias 60, 8] verwundert fragt: „Wer sind die, welche fliegen, wie die Wolken und wie die Tauben zu ihren Fenstern?“ Denn als er noch gesund war, erschien er ob seines beständigen Nachtwachens und Fastens denen, die ihn nicht kannten, beinahe wie todt. Nie nahte er dem Altare des Herrn ohne Opfergaben, unermüdlich ermahnte er die Gemeinde und Allen lächelte er, ein freundlicher Geber, zu. Er erwarb sich vom Herrn die Gnade, daß während der fortwährenden Einfälle der wüthenden Seeräuber sein Bischofsitz bis dahin allein unangetastet blieb.


54. Indeß kam der König, indem er Alstidi [Alstädt] verließ, wo er die Erscheinung des Herrn gefeiert [Jan. 6], und vom Herzog Bolizlav [von Polen] Gesandte empfangen hatte, welche um Frieden baten und versprachen, Misico, der Sohn Bolizlavs, werde denselben abschließen, nach Merseburg. Dort erfuhr er das ebenerwähnte Absterben des Erzbischofs Lievizo, und klagte ob des zeitlichen Nutzens, der ihm und dem Reiche durch dasselbe entgangen war, wünschte sich aber auf der anderen Seite auch Glück wegen der künftigen Verwendung des Seligen für ihn, und feierte sein Gedächtniß mit dem größten Eifer. Darnach verließ er uns und beging das Fest der Reinigung Mariä [Febr. 2] zu Magadaburg. An demselben Tage erschien nun der erwähnte Oddo, begleitet

Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/281&oldid=- (Version vom 2.10.2023)