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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


reinigte sich dann allein der Markgraf durch einen völlig glaubwürdigen Eid, seinen Mannen aber wird als Buße von der Hand des Bischofs aufgegeben zu fasten, mit der Bedingung, daß sie, sobald sie dazu aufgefordert würden, die auferlegte Last zu tragen bereit wären.


60. Auch das muß ich noch beifügen, daß Othelrich, der Böhmen Herzog, dessen Name schon den ungerechten Mammon bedeutet, Bosto, seinen trefflichen Ritter, und viele andere hinrichten ließ, weil er von falschen Zuträgern gehört hatte, sie unterstützten seinen vertriebenen Bruder Jarimir, so daß alle gar deutlich aus diesen Mordscenen lernen konnten, wessen sie sich für die Zukunft zu versehen hatten. Was nun Gott sowohl im alten, als im neuen Testamente fest zu beobachten gebeut, das zu erfüllen verbietet in diesen Landen die stets verblendete Ehrsucht. Denn den leiblichen Bruder, den er doch mit Recht vor allen lieb haben sollte, fürchtete er, und suchte sorgfältig zu verhüten, daß er ihm nie nahe kommen könnte.

Die Böhmen waren unter der Regierung Zuetepulk’s[1] einst unsere Herren. Ihnen ward von unseren Vorfahren ein jährlicher Zins gezahlt, und jener hatte auch in seinem Lande Marierun [Mähren] Bischöfe; dies alles aber verloren er und seine Nachfolger, weil sie aufgeblasen waren in Hochmuth, denn das Evangelium bezeugt [Matth. 23, 12], daß, wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöhet, und wer sich selbst erhöhet, der wird erniedrigt. Ohne die größte Furcht herrscht in jenen Landen niemand. Die reine Liebe seufzt dort als eine Verstoßene, denn es herrscht dort der Meineid im Bunde mit dem Betruge.


61. Da ich oben [IV, 27], als ich vom Papste Bruno redete, den Nachfolger desselben, Gerbert, blos genannt habe, so ist es nicht unpassend, hier noch etwas weiteres von ihm zu sagen. Er war aus den westlichen Gegenden her gebürtig, genoß von klein

  1. Zuetepulk oder Swatopluk war der mächtigste Herzog von Mähren, er starb 894.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/289&oldid=- (Version vom 1.10.2023)