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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/301

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

an seinen Herrn. Da er aber zu Hause etwas anderes 1015 hinterbrachte, als ihm der Kaiser aufgetragen hatte, so wurde er mit dem genannten Markgrafen Heriman, der den Frieden mit Bolizlav abschließen wollte, auf Befehl dieses unglückseligen Herzogs zurückgeschickt und in Gegenwart des Kaisers und seiner Fürsten als ein falscher Aufhetzer und Friedensstörer überführt. Als nun aber Bolizlav wiederum zum Kaiser entboten wurde, um sich zu rechtfertigen oder seinen Ungehorsam abzubüßen, weigerte er sich, vor demselben zu erscheinen und verlangte, die Sache solle auf einem Fürstentage verhandelt werden. Jetzt aber, mein Leser, merk’ auf, wie viel Güte der Kaiser ihm vorher erwiesen hatte.


7. Herzog Bolizlav, voll tausendfältiger List, sandte seinen Sohn Misico an den Böhmenfürsten Othelrich, mit der Erinnerung, sie müßten doch, eingedenk, daß sie Verwandte seien, sich einander die Hände zum Frieden reichen, und allen ihren Feinden, besonders aber dem Kaiser, gemeinschaftlich widerstehen. Othelrich aber, der von zuverlässigen Leuten Kunde bekam, daß der Plan auf sein Verderben abziele, bemächtigte sich Misico’s, tödtete von dessen Genossen die vornehmsten, und führte die übrigen sammt ihrem Fürsten gefangen nach Böhmen zurück, wo er sie ins Gefängniß werfen ließ. Als dies der Kaiser erfuhr, schickte er meinen Vetter Thiedrich dorthin, mit dem Befehl, er solle ihm seinen Vasallen herausgeben, und wenn er auf seine kaiserliche Gnade etwas gebe, so möge er ihm auf keinen Fall an’s Leben kommen. Darauf soll Othelrich geantwortet haben: „Meines Herrn Befehle in jeder Hinsicht so befolgen zu können, wie ich es wünsche, wird mir stets inniges Bestreben sein. Mich hat so eben wider mein Verdienst Gott der Allmächtige dem Rachen des Löwen entrissen, und hat das Junge desselben, das zu meinem Verderben gesandt war, in meine Hand gegeben. Lasse ich nun den Sohn frei fort, so habe ich an Vater und Sohn zeitlebens sichere Feinde; halte ich ihn aber fest, so hoffe ich, durch ihn einigen Vortheil erlangen zu können. So möge denn mein Herr sehen, was in Betreff aller

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/301&oldid=- (Version vom 5.10.2023)