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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1015 von den Truppen geschützt zu werden, wie es deren Pflicht war, von denselben vielmehr stark gebrandschatzt.

Als die Unseren über die Elbe gesetzt waren, begab sich die Kaiserin mit mir nach Merseburg, und wir erwarteten daselbst des Kaisers Rückkunft in diese Lande.

Die Unseren aber wurden, als sie in die Landschaft kamen, die Lausitz heißt, von der Besatzung der Burg Ciani[1], welche einen Ausfall machte, herausgefordert. Sie nahmen das an und erschlugen eine große Menge derselben, nahmen auch den Herich, genannt der Stolze, der wegen eines Todschlages dorthin geflohen war, gefangen und führten ihn in Ketten vor den Kaiser.

Von da kam der Kaiser an die Oder, und entsandte bei einem Orte Crosna[2] die Vornehmsten seines Heeres zum Misico, dessen Macht daselbst Schaar bei Schaar lagerte, um ihn an die ihnen versprochene Treue zu mahnen, und um ihn einstimmig zu bitten, er möge doch nicht verursachen, daß sie seinetwegen durch den Kaiser ihre Güter verlören, da er ja durch seine Unterwerfung dem allen habe zuvorkommen wollen. Diesen gab er folgende Antwort: „Ich erkenne es an, daß ich durch die Gnade des Kaisers der Gewalt meiner Feinde entrissen bin und euch Treue gelobt habe, und ich würde dieselbe gerne in jeder Beziehung bewahren, wenn ich frei wäre. Jetzt aber, wie ihr selbst wißt, bin ich der Unterthan meines Vaters, und weil er mir dies verbietet und auch seine hier gerade anwesenden Mannen solches nicht dulden würden, so unterlasse ich es, obwohl wider meinen Willen. Ich bin entschlossen, bis zur Ankunft meines Vaters mein Vaterland, nach dessen Besitz ihr trachtet, zu vertheidigen wie ich’s vermag; dann aber will ich alles thun, um ihn der Gnade des Kaisers und eurer Liebe wieder zuzuwenden.“ Als das die Unseren vernommen hatten, kehrten sie zurück und brachten dem Kaiser die Antwort. Unterdeß ging Herzog Bernhard mit seinen Verbündeten, mit Bischöfen und Grafen und einer Schaar heidnischer Liuticier von

  1. Zinnitz im Lande der Lusici, östlich von Liubusua.
  2. Crossen, vgl. Buch 6, 19.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/306&oldid=- (Version vom 5.10.2023)