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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1015 böte, mindestens einen Theil desselben zu vernichten suchen. Außerdem schickte er einen Abt aus seiner Gegend, Namens Tuni, mit angeblichen Friedensvorschlägen zum Kaiser, der ihn jedoch sofort als Kundschafter erkannte und ihn so lange festhielt, bis beinahe das ganze Heer auf den in der Nacht vorher geschlagenen Brücken den vorliegenden See überschritten hatte. Da erst kam jener, dem Gewande nach ein Mönch, der That nach ein listiger Fuchs und darum bei seinem Herrn beliebt, zu Bolizlav zurück. Der Kaiser aber ging vorauf, indem er dem Erzbischof Gero, dem Markgrafen Gero und dem Pfalzgrafen Burchard die Uebrigen anvertraute, mit der Ermahnung, sie möchten sich mehr als gewöhnlich in Acht nehmen. Und wirklich ward von den nahebei im Walde verborgenen Feinden mit dreimaligem Geschrei ein Lärmen erhoben, und gleich darauf unser Heer, indem die Bogenschützen zwischen durch liefen, von ihnen angegriffen. Dies widerstand denselben tapfer beim ersten und zweiten Anlauf und erlegte viele von ihnen, die umherschweiften. Als jedoch einige von den Unseren flohen, gewannen die Feinde wieder Muth, sammelten sich und trieben, wiederum anstürmend, die Unseren auseinander, und rieben sie, da denselben die Pfeile ausgingen, auf. Dies hinterbrachten dem Kaiser Erzbischof Gero und Graf Burchard, welche, der letztere verwundet, nur mit Mühe entronnen waren. Der junge Liudulf aber wurde mit wenigen gefangen genommen, und die Grafen Gero und Folcmar mit zweihundert der trefflichsten Ritter erschlagen und geplündert[1]. Sept. 1. Möge der allmächtige Gott in seiner Barmherzigkeit der Namen und Seelen dieser Tapferen gedenken, und uns, durch deren Schuld diese damals dem Tode erlagen, um Christi willen vergeben, auch in Gnaden wachen, daß wir so etwas fernerhin nicht wieder dulden!


14. Als der Kaiser diese traurige Botschaft vernahm, wollte er wieder umkehren, um die Leichname der Erschlagenen wegzubringen;

  1. Dies geschah nach dem Merseburger Kalendarium am 1. September 1015. Vgl. auch Quedlinburger Annalen 1015.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/309&oldid=- (Version vom 5.10.2023)