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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1015 wenn sich uns eine passende Gelegenheit dazu geboten hätte.

Apr. 8. An dem nächstfolgenden Charfreitage ward Rotman, ein Priester und Propst des Erzbischofs Gero von Magadaburg, in der Nacht plötzlich vom Tode überfallen und leblos im Bette gefunden. Dies kam nun Allen, die es hörten, wunderbar und gar erschrecklich vor, allein er hatte, Gott sei Dank, den Tag vorher das Almosen bei der Messe vertheilt und nicht ohne viele Thränen mit Anderen gemeinsam gebeichtet.

Apr. 10. Am Ostersonntage kam ich dorthin und beging dies hohe Fest bei meinem Erzbischofe feierlichst. Damals theilte der dortige Propst Reding, ein bedächtiger und sehr vorsorglicher Mann, sein Vermögen unter seinen Bruder und seine geliebte Schwester, mit den Worten: „Nehmet dieses hin, damit ihr, wenn ihr mich bald dem Körper nach verlieren solltet, an dieser Liebesgabe meine Treue zu euch erkennen möget.“

Jun. 24. Am Tage St. Johannis des Täufers war ich bei meinem Bruder, dem Abte Sigifrid [von St. Johannis bei Magdeburg], und, indem ich dort dem ofterwähnten Propst Reding zum letzten Male Lebewohl sagte, erbot ich mich ihm leider gar nicht zur Ertheilung der Absolution, bemerkte auch nicht, daß er noch meine Dienste verlangte; als ich aber nun, wie gesagt, erfuhr, daß er gestorben war, da beseufzte ich zu spät, was ich früher zu beachten versäumt hatte. Er stand seinen Mitbrüdern drei Jahre und sechs Wochen vor. Er war ein frommer, weiser und sehr treuer Mann. Er ward im südlichen Säulengange am Kloster begraben.[1] Ihm folgte im nächsten Jahre der ehrwürdige Vater Geddo, einst Meister der Schule, damals aber Hüter der Kirche, am Feste St. Peters und Pauls. Am Abende vor diesem Feste Jun. 29. starb der Einsiedler Esico, welcher aus Liebe zu Christus viele Orte besucht hatte.

Der Eifer für das Haus des Herrn, für die Kirche, welche in Christo unsere geistliche Mutter ist, ergreift mich, wenn gleich

  1. Das hier Erzählte fällt in das Jahr 1015, da Propst Reding von Magdeburg am 5. Auguft 1015 starb. S. Buch VII. Cap. 13.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/322&oldid=- (Version vom 6.10.2023)