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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

und wohlgeneigter Regent, sondern ein aus eigener Willkür weit und breit schaltender und waltender Feind der Seinen. Dieser Tyrann nun weilte, sich selbst und seinen Mitmenschen zu großer Bedrängniß, ein Gottloser unter Gottseligen, gar lange Zeit hienieden, und ward nach dem Rathschlusse des Herrn, nachdem er so Vielen den Tod gebracht, erst spät vom Tode überwältigt.[1] Er ward – seine Gefährten entflohen bald nachher – dort bestattet. Als dies Aethelrad, der König der Angeln, der lange Zeit von ihm vertrieben in der Fremde gelebt hatte, mit Bestimmtheit erfuhr, sah er hocherfreut sein Vaterland wieder, und indem er alle seine Krieger versammelte, wollte er den Leichnam seines Feindes vernichten. Damit aber das nicht geschähe, so hob eine Matrone, die vorher durch Svein’s Verwandte darum angegangen war, obwohl selbst eine Eingeborne, das bewahrte Pfand auf und leitete es zu Schiffe hin nach den heimischen Bärengestirnen; d. h. nach der nördlichen Himmelsgegend, welche diesen Namen von zwei Arcturen, d. h. Bären, dem größeren und dem kleineren, empfangen hat, die, wie die Sternkundigen versichern, von einem Drachen umgeben und getrennt werden.


27. Ein Theil jenes Landes ist in dem Verhältnisse kalt, wie es von der Sonnenhitze entfernt liegt, und auch der Sinn der Eingebornen ist gegenseitiger Zärtlichkeit untheilhaftig. Es wohnen dort die Scythen, welche ihre Häuser mit sich herumführen und Wild und Pferdemilch genießen.

In diesen Landen ist ein König, Namens Gutring, der, im Kloster zu Verden vom dortigen Bischof Erpo als Geistlicher erzogen, unwürdig zum Grade eines Diaconen gelangte. Als jedoch der ebengenannte Bischof gestorben war, entfloh er aus dem Kloster und änderte Stand und Namen, er, ein zweiter Julian, und nun wird er, (denn nur mit den Lippen hatte er Christum bekannt), in gar vielen Stücken als ein ganz fremder erkannt. Er war, so wie ihn die Seinigen wieder erkannt hatten, sogleich angenommen

  1. Er starb in England am 2. Februar 1014.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/324&oldid=- (Version vom 6.10.2023)