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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/325

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

und auf den väterlichen Thron erhoben worden. Was aber Gott mißfällt, das billige doch niemand, das ahme doch niemand nach; ein Jeglicher verachte den gegenwärtigen Vortheil in Besorgniß vor der Zukunft. Jener König nämlich, der ein Knecht ist der Sünde, ein Sohn des Todes, der ist nicht ein wahrer Herrscher, wie er meint, sondern ein Lastträger, von täglicher Bürde beschwert; auf den paßt der göttliche Ausruf des Esaias: „Ich habe Kinder auferzogen und erhöhet, und sie sind von mir abgefallen.“ [Jes. 1, 2.] So möge denn die ganze Christenheit beten um die Bekehrung und hinreichende Genugthuung und Buße und Beständigkeit dieses Unglücklichen und seiner Genossen und möge den Herrn anflehen, daß sie dergleichen an ihren Gliedern nicht wieder erdulde. Und obwohl ich das zunächst von jenem allein gesagt habe, so giebt es doch leider auch Andere, die demselben Urtheile verfallen sind, nicht achtend auf Pauli Wort: „Denn es wäre ihnen besser, daß sie den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt hätten, denn daß sie ihn erkennen und sich kehren von dem heiligen Gebote, das ihnen gegeben ist.“[1]


28. Weil aber niemand im Stande ist, die mannichfaltigen wunderbaren Erscheinungen zu begreifen, welche in jenen Nordlanden die Natur in außerordentlicher Menge hervorbringt, und die grausamen Blutthaten jenes Volks, so will ich davon schweigen und nur noch von dem jungen Otterngezüchte, ich meine von den Söhnen Sven’s des Verfolgers, einiges sagen. Diese gebar ihm die Tochter des Herzogs Misico [von Polen], die Schwester Bolizlav’s, des Sohnes und Nachfolgers Misico’s. Sie lebte lange von ihrem Gemahle verstoßen, und erlitt nicht geringe Anfeindungen von den Uebrigen. Ihre Söhne nun schlugen dem Vater in jeder Beziehung gar sehr nach. Sie empfingen die Leiche ihres geliebten Vaters, als sie ihnen gebracht wurde, mit großem Leidwesen und bestatteten sie sofort, dann aber rüsteten sie Schiffe aus, und dachten daran, für alle die Schmach Rache zu nehmen, welche die Angeln

  1. Das steht bei Petrus 2, 2, 21.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/325&oldid=- (Version vom 6.10.2023)