Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/327

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Gebiet zu verheeren, mit den Seinen ans Land gestiegen 1016 war, traf er plötzlich auf die Brüder und eine feindliche Schaar. Und wie er nun diese erblickte, ermunterte er die Seinen und griff sie mannhaft an. Auf beiden Seiten fielen dann nebst einer großen Menge der anderen Krieger die Führer Ethmund und Thurgut. Und weder die Einen noch die Anderen erlangten den gehofften Sieg, sondern mit Wunden bedeckt zogen sie freiwillig ab, nur das beklagend, daß dies der Zufall so gestaltet habe. Uns aber verbietet die Schrift, zu glauben, daß es ein Schicksal oder einen Zufall gebe. Die Dänen suchten dann, obwohl sehr geschwächt, die befreundeten Schiffe auf, und da sie sahen, daß von dem am Leben gebliebenen Aethelsten und den Britten, welche herbei kamen, der bedrängten Stadt Hülfe gebracht wurde, so verstümmelten sie die Geiseln und entflohen. Möge doch Gott, der Hort derer, die auf ihn hoffen, sie vernichten und vertilgen, daß sie nie wieder in ihrer Weise diesen oder anderen Gläubigen schaden können! Ueber die Errettung der Stadt laßt uns uns freuen, ob des Uebrigen aber trauern.


29. Auch habe ich von Sewald, dem obenerwähnten Manne, die Kunde eines bejammernswerthen und denkwürdigen Begebnisses erhalten. Die ungläubigen Northmanen hatten unter Anführung des Thurkil den trefflichen Erzbischof von Cantuara [Canterbury], Dunsten,[1] sammt den Seinigen gefangen genommen, und quälten diese Männer nun nach ihrer verabscheuungswürdigen Sitte durch Fesseln, Hunger und unsägliche Plagen. Da versprach ihnen Dunsten, von menschlicher Schwachheit überwältigt, Geld und setzte zur Erlangung desselben eine Frist an, um, wenn er während derselben nicht ein annehmliches Lösegeld zusammenbringen und so dem drohenden Tode entrinnen könne, sich währenddeß durch häufige Klagen und Büßungen zu reinigen, auf daß er dem Herrn, seinem Gott, als lebendiges Opfer dargebracht würde. Und als nun die

  1. Wie Lappenberg bemerkt, ist Dunstens Vorgänger Elpheg gemeint, den 1012 auf solche Weise umkam.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/327&oldid=- (Version vom 6.10.2023)