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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1017 der Kaiser sei abgezogen und seine Stadt stehe unversehrt da, da frohlockte er und freute sich mit seinem Kriegsvolk. Mehr als sechshundert seiner Fußkämpfer aber machten heimlich einen Einfall in Böhmen, indem sie in gewohnter Weise dort Beute zu machen hofften; allein sie rannten mit wenig Ausnahmen fast alle in die Schlinge, die sie den Feinden gelegt hatten.

Die Liutizen aber kehrten voll Zornes, indem sie über einen ihrer Göttin angethanen Schimpf klagten, nach Hause zurück. Diese war nämlich auf ihren Fahnen abgebildet, und ein solches Bild war von einem Knappen des Markgrafen Heriman durch einen Steinwurf durchlöchert. Als das nun die Priester der Göttin klagend vor den Kaiser brachten, bekamen sie zur Entschädigung zwölf Pfund. Und als sie dann bei der Stadt Vurcin [Wurzen] über die stark übergetretene Milda [Mulde] setzen wollten, verloren sie ein zweites Bild ihrer Göttin nebst einem auserlesenen Gefolge von fünfzig Kriegern. Ob einer so bösen Vorbedeutung zogen die Uebrigen heim und beabsichtigten, von schlechten Menschen aufgereizt, sich vom Dienste des Kaisers zu entfernen, allein hinterher wurden sie auf einem allgemeinen Landtage von ihren Vorgesetzten wieder auf den richtigen Weg gebracht.

Wer vermag die Mühen und Strapazen dieses Marsches, wer die allgemeinen Verluste zu schildern? Unmöglich schien schon der Einzug in’s böhmische Land, aber viel schlimmer war noch der Auszug aus demselben. Dieser Feldzug brachte indeß dem Feinde Verderben, obwohl er um unserer Schuld willen auch unseren siegreichen Schaaren vielen Schaden brachte. Denn was damals den Feinden an uns zu verüben nicht gestattet war, das ward später um unserer Missethaten willen ausgeführt. Auch möchte ich weinen über die Frevelthat, die Bolizlav’s Mannen in dem Lande zwischen der Elbe und Mulde verübten. Sie rückten nämlich am 19. September Sept. 19. auf Befehl ihres Herrn eiligst aus, und führten mehr als tausend Menschen in die Knechtschaft hinweg, und nachdem sie dann noch weithin gar vieles niedergebrannt hatten, kehrten sie, glücklich zurück.

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/347&oldid=- (Version vom 23.11.2023)