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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

jeglicher Christ hat sich vor solchen Schrecknissen nicht zu fürchten; er erkenne von ganzem Herzen seine Sündhaftigkeit, und segne sich eifrigst mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes, so wird er jede feindliche Gewalt völlig zurückweisen. Auf solche Weise verhöhnt der böse Feind nur die Unvorsichtigen, und betrügt die irgend auf ihn bauenden schließlich. Wo gerade Verzweiflung herrscht, oder eine Missethat begangen werden soll, oder eine große Veränderung bevorsteht, da geht der Wirklichkeit eine solche Anzeige voraus. Weil es uns aber Heil bringt, unserem Gotte anzuhangen und auf ihn unsere Hoffnung zu setzen, so lasset uns sein heilig Antlitz mit unablässigem Gebete aufsuchen, damit, sei es, daß uns etwas vorher angezeigt, oder verborgen gehalten werde, dasselbe nach seiner allerbarmenden Liebe an uns Sündern in Erfüllung gehe. Uebrigens ist es nicht zu verwundern, daß in jenen Gegenden ein solches Wunderzeichen sich gezeigt hat. Denn die Bewohner derselben gehen selten zur Kirche und kümmern sich gar nicht um den Besuch ihrer Seelsorger. Sie verehren eigene Hausgötter und opfern ihnen, indem sie meinen, daß sie ihnen viel helfen können.

Auch habe ich von einem Stabe gehört, an dessen Spitze sich eine Hand befand, welche einen eisernen Ring hielt. Dieser Stab, so hörte ich, wurde von dem Hirten des Dorfes, in dem er sich befand, von Haus zu Haus getragen, und dabei sprach der Träger beim ersten Eintritt in das Haus zum Gruße die Worte: „Wache, Hennil, wache!“[1] denn so wurde er in der Bauernsprache genannt[2]; und dann schmausten sie selbst köstlich und meinten durch den Schutz desselben gesichert zu sein; die Thoren! sie wußten nicht, was David sagt: „Jene Götzen aber von Menschenhänden gemacht“ u. s. w. „Die solche machen, sind gleich also und alle, die auf sie hoffen. [Pf. 115, 4. 8.]

51. Weil aber jegliches Seltene zu verwundern und wie Wunderzeichen anzustaunen ist, so berichte ich einen Vorfall, der

  1. D. h. schütze alle Bewohner des Hauses.
  2. Ueber diesen Hausgott oder Kobold, Heinz, Heinzelmann, (d. h. eigentlich Heinrich) genannt; vgl. Grimm, deutsche Mythologie S. 496 und 699.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/351&oldid=- (Version vom 23.11.2023)