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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Antriebe unter der schweren Last der Herrschaft des Satans, sie, 1018 die doch vorher einen in jeder Beziehung besseren Vater und edleren Herrn gehabt hatten. Diese Hinfälligkeit und Schwäche des verblendeten Volkes müssen die Glieder der Gemeinde Christi beweinen und sie ihrem Haupte und Herrn klagen, und in unablässigem Flehen ihres Herzens darum beten, daß dies zum Besseren gekehrt werden möge, und sie müssen ihren Theils, so viel wie möglich, verhüten, daß dieses Uebel einwurzele. Als Bernhard, mein geistlicher Bruder von Magadaburg und damals Bischof dieses abtrünnigen Volkes, von diesem allen Kunde bekam, unterließ er, von unsäglichem Schmerze, nicht sowohl über seinen weltlichen, als vielmehr über seinen geistlichen Verlust getrieben, nicht, unserm Kaiser das Ganze sofort zu melden. Als dieser die Botschaft vernahm, seufzte er schwer auf, verschob aber Bescheid darauf bis Ostern, um nach wohlüberlegtem Plane dies unselige Gewebe der Verschwörung zu zerstören. Diesen Vorsatz und heilsamen Plan möge Gott der Allmächtige fördern! Keines Gläubigen Herz aber gerathe ob dieser unglückseligen Zeiten etwa gar in Verzweiflung oder meine, der Tag des Gerichtes sei nahe, denn laut der Ermahnung des glaubwürdigen St. Paulus [2. Thess. 2, 1 ff.] kann vor dem Abfalle und der fluchwürdigen Erscheinung des Antichrists von dergleichen die Rede nicht sein, noch dürfen sich die Christen dadurch plötzlich einschüchtern lassen, sondern bei ihnen muß vielmehr Einmüthigkeit im höchsten Grade mit Festigkeit verbunden sein. Schwanke doch, so viel sie will, die mannigfaltig geartete Menge der Weltkinder und die vielgestaltige Ungleichheit ihrer Sitten. Ein jeglicher Mensch, eine Blume des Feldes muß durch die heilige Mutter Kirche erst wiedergeboren werden zur Rechtfertigung durch den Erlöser Jesus Christus, und auch dann, wenn überall sicherer Friede und Ruhe verkündet wird, ist stets ein unvorhergesehenes Unglück zu fürchten, und das mahnt uns, stets eifrig und höchst wachsam zu sein, da wir dessen, was kommen kann, niemals sicher sein und in unserer Schwachheit nicht ausdauern können. Niemand läugne voll Unglaubens das

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/363&oldid=- (Version vom 23.11.2023)