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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1018 16. Auch ist nicht zu verschweigen, welch ein trauriger Verlust sich in Rußland ereignete. Denn Bolizlav griff dies Reich mit einem großen Heere an und schadete demselben gar sehr, auf unser Zureden. Am 22. Juli Jul. 22. kam er nämlich an einen Fluß[1] und ließ dort sein Heer lagern und die nöthigen Brücken zurüsten. An demselben Flusse lag auch [Jarizlav] der König der Russen mit den Seinen und erwartete besorgt den Ausgang des gegenseitig angesagten Kampfes. Indeß ward durch die Herausforderung der Polen der daliegende Feind zum Kampfe aufgereizt und von dem Flusse, den er besetzt hielt, mit unerwartetem Glücke in die Flucht getrieben. Durch diesen Kampfeslärm ward Bolizlav persönlich in den Streit gerufen, und indem er seine Genossen sich rüsten und auf den Fluß zueilen hieß, bewirkte er, wiewohl mit Anstrengung, doch einen schnellen Uebergang über den Fluß. Das feindliche Heer dagegen versuchte, Schaar bei Schaar geordnet aufgestellt, vergebens das Vaterland zu schützen. Denn gleich beim ersten Zusammentreffen wich es und leistete nachher gar nicht wieder starken Widerstand. Dort fiel damals eine große Anzahl der Fliehenden und eine kleine der Sieger. Von den Unseren blieb der treffliche Ritter Herich[2], den unser Kaiser lange in Haft gehalten hatte. Von jenem Tage an verfolgte Bolizlav mit erwünschtem Erfolge die zerstreut umherschweifenden Feinde und Aug. wurde von allen Eingebornen des Landes empfangen und mit vielen Geschenken beehrt. Indeß ward eine Stadt, die damals Jarizlav’s Bruder [Swaetepulk] gehorchte, von Jarizlav gewaltsam besetzt und deren Einwohnerschaft hinweggeschleppt. Die außerordentlich starke Stadt Kitava [Kiew] aber wurde von den derselben feindlichen Pedeneern [Petschenegen] auf Antrieb Bolizlav’s durch wiederholte Bestürmung erschüttert und durch eine große Feuersbrunst geschwächt. Die Einwohner vertheidigten sie, öffneten aber bald der fremden Macht ihre Thore, denn als ihr König sie

  1. Dies kann nur der Bug sein.
  2. Wohl derselbe Herich, welcher VII, 11 genannt wird.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/384&oldid=- (Version vom 23.11.2023)