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„Sie haben allen Grund, anzunehmen,“ meinte er, „daß ich verblendet von der Gier nach dem verruchten Golde, mit brutalster Rücksichtslosigkeit für mich allein diese Schätze heben wollte. Sie befinden sich jedoch in einem Irrtum, tun mir unrecht.“ Er trennte die Naht des Futters seines Rockes auf, holte ein paar in Glanzleinwand gewickelte Papiere heraus und reichte mir eines davon.

Ich las. Es war eine Urkunde des Inhaltes, daß die unterzeichneten Juweliere den Ingenieur Anton Rastra beauftragt hätten, für sie hier am Dschebel el Tit festzustellen, ob und auf welche Weise sich die Goldkisten wieder aus dem kleinen See heraufschaffen ließen.

Bevor ich mich nun meinerseits bei ihm entschuldigen konnte, weil ich ihn doch in so falschem Verdacht gehabt hatte, sagte er:

„Sie sollen jetzt alles wissen. Sie haben mir das Leben gerettet, mehr noch, mich vor einem qualvollen Ende in den heißen Wassern des Sees bewahrt, und das bedeutet mehr als eine einfache Lebensrettung! – Ich will mich ganz kurz fassen. Viele Worte liebe ich nicht. – Ich hatte einen Halbbruder, Thomas Zuitenbrook mit Namen, ein etwas leichtsinniger Charakter. Er ging nach Afrika. Die letzte Nachricht von ihm erhielt ich vor etwa viereinhalb Jahren. Damals lebte er als Händler in der Landschaft Tuat[* 1] östlich der Wüste Igidi in einem größeren Orte am Wadi Saura. Meine Firma – ich bin Ingenieur, hatte für Algerien Maschinenlieferungen angenommen. Ich mußte mit nach Algier zur Montage. So fand ich Gelegenheit, nach meinem Bruder zu suchen, den ich mit nach Europa nehmen wollte. Ich kam auch bis an den Wadi Saura, wo wir, meine beiden

  1. Landstrich an der gleichnamigen Oase am Wadi Saura, berühmt durch seine Fruchtbarkeit und als eine der reizvollsten Gegenden des Sahararandes.
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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/212&oldid=- (Version vom 31.7.2018)