Seite:Die Goldkarawane.pdf/45

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„Aha – und nun gewahrtest Du den Bettler, wie er vor dem Brunnen stand und –“ Ich stockte, denn ich hatte fortfahren wollen – „und in das Brunnenloch hinabsprach.“ Rechtzeitig fiel mir aber noch ein, daß es ja draußen noch dunkel gewesen war, als mein mitleidsloser Henker mit mir verhandelt und schließlich dann auch das Wasser in den Brunnenschacht geleitet hatte. Ich führte den begonnenen Satz also nicht zu Ende.

Da sagte auch schon Ibrahim eifrig: „Sidi, ganz recht. Er beugte sich über den Brunnen und schaute durch ein Loch im Deckel – es fehlte ein Mittelbrett – in die Tiefe hinab. Ich war dicht hinter ihm, hockte hinter dem Steinhaufen dort. So konnte ich hören, wie er erst auflachte und dann vor sich hin sprach: „Ah – er hängt an der Wand wie eine matte Fliege. So hat er sich doch die Fesseln abgestreift! Nun gut – gelingt es ihm, sich zu retten, so mag es sein. Der Bursche hat mir gefallen. Schade, daß er ein Spion ist. Ich hätte ihn sonst mitgenommen auf der Suche nach der Goldkarawane.“ – Ja, Sidi, so etwa redete er halblaut, wie dies manche Menschen zu tun pflegen. – Ich aber wußte nun Bescheid, wußte, daß Du im Brunnen stecktest, daß es mit Deinen Kräften abwärtsging. Am liebsten wäre ich dem Kerl an die Kehle gesprungen, Sidi! Aber – zweierlei warnte mich. Einmal hatte ich nun gemerkt, daß es gar kein alter, schmutziger Eingeborener, sondern ein Sidi aus Germanistan war, denn er hatte ja Deine Sprache gebraucht, als er jene Sätze vor sich hin murmelte. Und zweitens hielt er, seit er das leere Gehöft betreten hatte, einen gespannten Revolver in der Hand. – Ich wagte daher nicht, mit diesem verkleideten Sidi anzubinden, zumal meine Augen mir alles ringsum doch noch recht undeutlich zeigen und häufig tränen. – Ich duckte mich also ganz tief in das Gestrüpp hinter dem Steinhaufen, sah nun, wie er das verfallene Haus durch jene Tür dort betrat. Denke Dir, Sidi, als

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/45&oldid=- (Version vom 31.7.2018)