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er sehr bald wieder auf dem Hof erschien, da – war er nicht mehr der Bettler, sondern ein ferner Sidi im Leinenanzug mit glattem Gesicht. In der Hand hatte er einen kleinen Lederkoffer. Er schaute nochmals lauschend nach dem Brunnen hin, dann ging er davon der Straße zu. Kaum hatte er aber das Gehöft verlassen, als ich einen dumpfen Schrei vernahm, der aus dem Brunnen hervordrang. Ich hatte schon vorher die alte Leiter erspäht, rannte hin, holte sie und – brachte Dich glücklich vom Grund des Wassers nach oben. – Sidi, ich bin ja nun so überglücklich, daß ich richtig vermutet hatte, als ich dem Bettler in der Hoffnung folgte, Dich vielleicht befreien zu können. Und, Sidi, wenn ich den irgendwo antreffen sollte, der Dich hier ermorden wollte, so wird er mein Messer zu schmecken bekommen. Ibrahim ben Ikba vom Stamme der Mahmud schwört ihm Rache.“

Ich drückte ihm nochmals dankbar die Hand, sagte nun:

„Willst Du mein Diener sein Ibrahim, willst Du mich begleiten durch die Sahara? – Viel Lohn kann ich Dir nicht zahlen. Aber ein guter Herr will ich Dir sein, mehr noch, Dein Freund!“

„Sidi,“ entgegnete er feierlich, „mein Leben gehört Dir! Ich bleibe bei Dir!“ Das klang wie ein Schwur. Und er hat ihn auch gehalten, mein braver Ibrahim, sogar bis zum Äußersten – fast bis zum Tode! – Doch davon später.

Ich hatte mich nun so weit erholt, daß wir zusammen die Baracke von Haus untersuchen konnten. In einem Raume des Erdgeschosses nach der Straße zu lagen auf dem gestampften Lehmboden umhergestreut die sämtlichen Stücke der Bettlerverkleidung Zuitenbrook-Rastras. An der Wand hing ein billiger Spiegel; daneben ein Handtuch mit allerlei Farbstreifen: Schminke! – In einer Ecke aber unter Gerümpel versteckt stöberte

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/46&oldid=- (Version vom 31.7.2018)