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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

– Die Angeklagte blieb auf Vorhalt dabei, daß sie die photographischen Bilder, die Reimann von ihr besaß, ihm nur auf dessen fortgesetztes Verlangen und wiederholte Drohungen überlassen habe. – Eine Schwester des Reimann: erklärte: Ihr Bruder habe mit der Angeklagten im besten Einvernehmen gelebt, das Zerwürfnis sei erst gekommen, als Dr. St. auftrat und von der Stunde an, als der Bruder außer Stellung war. Von da an habe er angefangen, das Fräulein zu verfolgen. Er sei auch nicht bloß einmal, sondern mehreremal in deren Wohnung gewesen. – Den Darstellungen dieser Zeugin widersprach die Angeklagte wiederholt energisch mit Zwischenrufen wie: „Absolut nicht!“, „Es ist gar nicht daran zu denken!“ Sie behauptete, daß Reimann ein Verhältnis mit einem jungen Mädchen gehabt habe, das in einer Erziehungsanstalt gewesen sei. – Medizinalrat Dr. Hoffmann bekundete: Die Obduktion der Leiche des Reimann hat ergeben, daß dieser zwei Schüsse erhielt, an denen er zugrunde gegangen ist. Beide Schüsse befanden sich am Hinterkopf, jeder einzelne war tödlich. Wer einen solchen Schuß bekommen hat, ist nicht imstande, selbst noch einen zweiten Schuß auf sich abzugeben. Die Schüsse sind mit Rücksicht auf die vorgefundenen Brandränder als Nahschüsse aufzufassen. Die Schußkanäle sprechen dafür, daß eine etwas kleinere Person geschossen hat. – Staatsanwaltschaftsrat Dr. – Gysae: Der Getötete war 1,67 Meter groß, die Angeklagte ist 1,63 Meter groß. – Angekl. (unterbrechend): O bitte, 1,64 Meter – ohne Absätze! – Medizinalrat Dr. Hoffmann beantwortete noch verschiedene Fragen der anderen medizinischen Sach- verständigen und erklärte schließlich: er habe noch keinen derartigen Selbstmord gesehen; nach Lage der Schußkanäle hätte der Selbstmörder seinen Körper ungewöhnlich verrenken müssen. – Verteidiger R.-A. Dr. Ledermann: Es kann nachgewiesen werden, daß Reimann eine ganz außerordentliche Elastizität der Gliedmaßen besaß; er konnte

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/228&oldid=- (Version vom 18.2.2023)