Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 10 (1914).djvu/40

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

hat der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. Rate Dir, damit Du nicht über Dich und Deine Familie ewige Schande bringst und auf dem Schafott oder im Zuchthaus enden mußt, Dich verrückt zu stellen, damit Du vorläufig in ein Irrenhaus kommst.“ Unterzeichnet war das Telegramm mit „Napiesky“. Die Angeklagte gab zu, ein solches Telegramm in Helgoland erhalten zu haben.

Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Am 15. August 1898 erhielten Sie von Ihrer Schwester, der Angeklagten, ein Schreiben, in dem sie Ihnen mitteilte, daß Sie entlassen seien und sie die Löschung der Ihnen erteilten Prokura bei dem Amtsgericht bereits beantragt habe? – Zeuge: Jawohl. – Auf Antrag des Verteidigers wurde dieser Brief verlesen. Alsdann fragte der Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: den Zeugen: Wann er nach Allenstein gefahren sei? – Zeuge: Am 19. August. – Vert.: Und wann depeschierten Sie nach Helgoland? – Zeuge: Am 21. August. Meine Schwester hat mir erzählt, sie habe den Mordplan mit Rieß im Keller besprochen. Nachdem meine Schwester in Helgoland verhaftet war, klopfte es eines Abends zwischen 10 und 11 Uhr an meinem Fenster. Auf meine Frage, wer da sei, antwortete eine Stimme: Wolff. Meine Frau und mein Dienstmädchen warnten mich, zu öffnen, da man nicht wissen könne, was der Mann im Schilde führe; es sei doch schließlich nicht ausgeschlossen, daß der Mann mich erschießen könnte. Ich fragte deshalb, ob denn die Sache so eilig sei, es könnte doch bis zum folgenden Morgen Zeit haben. Der Mann sagte mir aber: er müsse mich sofort sprechen. Ich öffnete und fragte den Referendar Wolff nach seinem Begehr. Wolff entschuldigte sich, daß er in so später Stunde mich störe. Er erzählte mir alsdann: meine Schwester sei in Helgoland von zwei Polizisten verhaftet worden. Er habe dem Transporteur 10 Mark gegeben, dieser habe ihm infolgedessen gestattet, mit meiner Schwester auf dem Schiff gemeinsam

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)