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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

bekundete auf Befragen des Vorsitzenden: Sie könne nicht sagen, ob die ihr vorgezeigten Stiefel die ihres verstorbenen Mannes seien. Als sie nach Ernsthof zogen, habe ihr Mann im unteren, sie im oberen Zimmer geschlafen, da ihr Mann sehr früh aufstehen mußte und niemand im Hause war, der ihn wecken konnte. Sie habe gehört, daß ihr Mann mit Frau Rosengart ein Liebesverhältnis unterhalten habe, aus eigener Wissenschaft vermöge sie aber nichts darüber zu bekunden. Sie habe mehrfach ihren Mann in Zögershof gesucht und habe ihn ausgescholten, wenn er bis in die späte Nacht mit Herrn Rosengart kneipte. Sie könne nicht genau sagen, wann ihr Mann am Abend des Mordes nach Hause gekommen sei, da sie keine Uhr im Hause hatte; soweit sie sich erinnere, sei ihr Mann zur gewöhnlichen Zeit nach Hause gekommen. Ihr Mann sagte, als er nach Hause kam: sie solle ihm Abendbrot kochen, er werde inzwischen noch einen Augenblick hinausgehen. Sie habe ihrem Manne Milch und Eier gekocht. Dieser sei auch nach wenigen Minuten zurückgekommen, habe Abendbrot gegesssen und sich darauf sofort schlafen gelegt, da er am andern Morgen sehr früh aufstehen mußte. Sie (Zeugin) habe in der Küche abgewaschen und sei alsdann auch schlafen gegangen. Von dem Pochen ans Fenster habe sie nicht das geringste gehört.

Auf Befragen des Verteidigers Justizrats Dr. Sello bemerkte die Zeugin: Ihr Mann sei zur Zeit kränklich gewesen, er habe über Brustschmerzen geklagt und habe auch vielfach gehustet. Sie habe an jenem Abend nichts Auffälliges an ihrem Manne bemerkt. Ihr Mann habe auch in der letzten Zeit kein anderes Verhalten ihr gegenüber gezeigt. Ihr eheliches Verhältnis hatte keine Veränderung erfahren, ihr Mann sei sich immer gleichgeblieben. – Ein Geschworener: Wann wurden im März 1897 des abends die Kühe in Ernsthof gemolken? – Zeugin: Das weiß ich nicht. – Zwei andere Zeugen bekundeten, daß dies gewöhnlich nach Feierabend geschehen sei und etwa 1 bis 11/2 Stunden gedauert

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)