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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

gepeitscht, in steter Sorge, eine furchtbare Katastrophe könnte über ihn hereinbrechen, seine Willenskraft schließlich verloren hat, ist zweifellos. Der Angeklagte Blumenberg ist ein Mensch, der schließlich jeden moralischen Halt verloren hatte. Auf Blumenberg paßt der Ausspruch eines berühmten Professors von der moral insanity. Die Handlungsweise des Angeklagten ist jedenfalls nicht so verwerflich, daß ihm mildernde Umstände zu versagen wären. Ich bitte also für den Angeklagten um mildernde Umstände. Der Angeklagte hat in der letzten Zeit geradezu gedarbt, er hatte eben den Kopf verloren. Er ist ein Mann, dem ein gewisses Mitleid nicht zu versagen ist. Ich vermisse auch, daß der Angeklagte eine ehrlose Gesinnung an den Tag gelegt hat, ich bitte daher auch dem Angeklagten die schwerwiegende Strafe, den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu erlassen. Über die Höhe des Strafmaßes will ich, falls der hohe Gerichtshof den Angeklagten dennoch für schuldig erachten sollte, nicht sprechen. – Vert. Rechtsanw. Czapla (Beuthen) suchte des längeren den Nachweis zu führen, daß der Angeklagte Abraham sich im Sinne des Gesetzes nicht schuldig gemacht habe. Die Heiratsgeschichten stehen allerdings einem Mann wie Blumenberg schlecht an, von einem Mann mit dem Bildungsgrade Abrahams sei es aber sehr begreiflich, daß er ehrlich geglaubt habe, Landgerichtsrat Blumenberg werde sich mit einer vermögenden Dame verheiraten und alsdann in der Lage sein, alle seine Gläubiger voll zu befriedigen. Er bestreite, daß Abraham der böse Geist Blumenbergs war. Es könne doch keinem Zweifel unterliegen, daß Abraham der Meinung sein mußte, ein Landgerichtsrat werde ihm nicht Dinge auftragen, die strafbar seien. Er beantrage daher prinzipaliter die Freisprechung. Sollte aber der Gerichtshof anderer Meinung sein, dann ersuche er außer acht zu lassen, daß Abraham der Agent des Blumenberg war und ihm mildernde Umstände, die wohlbegründet seien, nicht zu versagen. – Der Vert. Justizrat

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/123&oldid=- (Version vom 13.12.2023)