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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

ich, daß mir die von dem Herrn Ersten Staatsanwalt erwähnte Bestimmung der Gerichtsordnung nicht bekannt war. Ich war mir nicht bewußt, eine strafrechtliche Verfehlung zu begehen. Der Brief an Frau Granzow enthielt allerdings eine drastische Bemerkung, diese war aber mit Rücksicht auf Frau Granzow geboten. Ich war mir selbstverständlich von vornherein klar, daß ich für meine geringe Tätigkeit, die ich in dieser Sache zu entfalten vermochte, nicht 10 000 Mark bekommen konnte. Bezüglich der anderen Delikte bekenne ich, daß außer dem Falle Chrobok und Großpietsch objektiv strafbare Handlungen vorliegen. Ich bitte aber, mir zu glauben, daß ich stets gehofft habe, es werde mir gelingen, alle meine Gläubiger voll zu befriedigen. Ich bekenne, ich habe schwer gefehlt, die Verfehlungen sind umso schwerer, da sie von einem Richter begangen worden sind. Ich bitte aber den hohen Gerichtshof, in Berücksichtigung zu ziehen, daß ich durch die Not auf diese verhängnisvolle Bahn gedrängt worden bin. Ich bin mit großer Mühe und Entbehrungen aller Art Richter geworden und nun sind alle meine Ideale vernichtet, ich habe von 1883 ab umsonst gelebt. Ich bitte Sie, meine Herren Richter, die ganze Sachlage zu berücksichtigen und nicht allzu streng mit mir ins Gericht zu gehen. Ich bitte Sie flehentlich, soweit angängig Milde walten zu lassen, und mir nicht jeden Blick in die Zukunft abzuschneiden. – Blumenberg, der mit sehr bewegter Stimme dies vortrug, brach bei den letzten Worten in Tränen aus. – Angeklagter Abraham: Hoher Gerichtshof! Ich gebe die heilige Versicherung ab, ich bin unschuldig. Ich habe gesehen, daß Herr Rat Blumenberg, soweit er konnte, bezahlt hat, ich konnte daher nicht annehmen, daß er jemanden benachteiligen wollte. Ich habe doch auch nicht annehmen können, daß ein Landgerichtsrat etwas Strafbares begehen wird. Ich bitte, auf meine arme Frau und meine unglücklichen Kinder Rücksicht zu nehmen. – Abraham weinte ebenfalls heftig. –

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/126&oldid=- (Version vom 13.12.2023)