Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/127

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

Angekl. Hepner: Ich versichere auch, daß ich mir keiner strafbaren Handlung bewußt war. Ich bin 58 Jahre alt geworden, ohne jemals mit dem Strafgesetz in Konflikt zu kommen. Ich habe ein Vermögen von 345 000 Mark gehabt und dies vollständig zur Befriedigung meiner Gläubiger aufgewendet, weil ich ein ehrlicher Mann bleiben wollte. Es ist daher doch nicht anzunehmen, daß ich solcher Kleinigkeiten wegen meinen ehrlichen Namen beflecken werde. Ich bitte dringend um meine Freisprechung. – Nach mehrstündiger Beratung des Gerichtshofes verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsrat Robe folgendes Urteil: Der Angeklagte Blumenberg ist dreier Amtsverbrechen beschuldig. Er hat in dem Zivilprozeß Wagner wider Schindler den Vorsitz geführt. Im Interesse des Wagner hat er den im September 1904 vor der vierten Zivilkammer des hiesigen Landgerichts angestandenen Termin zur Vertagung gebracht und aus den Vorgängen im Beratungszimmer und den Akten der Zeugin Klehr Mitteilung gemacht. Er hat dadurch seine Amtspflicht verletzt und die Amtsverschwiegenheit, zu der er laut Gerichtsordnung verpflichtet war, gebrochen. In den Mitteilungen an Frau Klehr hat der Angeklagte durchblicken lassen, daß er Geld brauche. Der Gerichtshof hat in dieser Bemerkung einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verletzung der Amtspflichten erblickt. Wenn auch der Angeklagte dem Wagner nicht direkt Mitteilungen gemacht hat, so waren die Mitteilungen an Frau Klehr für Wagner bestimmt. Der Angeklagte hat sich mithin im Sinne des Paragraphen 332 des Strafgesetzbuches schuldig gemacht. In der Zivilprozeßsache Pyttlik wider Klehr hat der Angeklagte der Frau Klehr auch aus den Vorgängen im Beratungszimmer und aus den Akten Mitteilung gemacht. Er hat auch hierfür zu verstehen gegeben, daß er Zuwendung von Vorteilen erwarte, mithin liegt auch in diesem Falle ein Amtsverbrechen im Sinne des Paragraphen 332 des Strafgesetzbuches vor. In dem Zivilprozeß

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/127&oldid=- (Version vom 13.12.2023)