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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

ihn in sehr gemütlicher Weise, mit den Händen in der Hosentasche und bei einer Kognakflasche empfangen. Haben Sie wirklich geglaubt, daß ein so hoher Staatsbeamter einen so jungen Menschen in dieser Weise zu seinem Vertrauten machen wird? – v. Lützow: Jawohl, aus meiner journalistischen Tätigkeit ist mir bekannt, daß die Regierung die verschiedensten Kanäle benutzt, um ihre Preßzwecke zu verfolgen. Hat doch Graf Caprivi selbst gesagt, er nehme das Gute, woher es auch komme. – Der Vorsitzende hielt v. Lützow weiter vor, daß er gelegentlich der Untersuchung den Leckert wiederholt als einen ganz unglaubwürdigen Menschen bezeichnet habe und daher unmöglich so felsenfest seinen Mitteilungen vertrauen konnte. Angeklagter: Erst am 21. Oktober habe er Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Leckert ausgedrückt, weil er sich überzeugt habe, daß er düpiert worden sei. – Der Oberstaatsanwalt machte im Anschluß hieran auf den Widerspruch aufmerksam, der darin liege, daß der Angeklagte behauptete, er sei „bête noire“ im Auswärtigen Amt und dann glauben machen wolle, daß er den ersten Artikel „im Interesse“ des Herrn v. Marschall geschrieben habe. Der Angeklagte gab auch hierüber gewundene Erklärungen, die immer wieder darin gipfelten, daß er den Leckert für einen durchaus glaubhaften Mann gehalten habe. Es sei ihm doch auch bekannt gewesen, daß über ähnliche Themata wiederholt Artikel in den verschiedensten Zeitungen erschienen seien, namentlich auch sehr scharfe Artikel in der „Kölnischen Zeitung“ gegen den General von Hahnke und die Hofclique. – Die Behauptung, daß er den früheren Angestellten des Wolffschen Bureaus seinerzeit habe bestimmen wollen, ihm Rußland berührende Nachrichten gegen Entgelt abzulassen, bestritt Angeklagter mit großer Entschiedenheit. – Die Anklage behauptete ferner in einem Nachtrage, daß der Angeklagte v. Lützow auch eines Tages in einem Gespräch, das er auf der Straße mit dem Vertreter

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/149&oldid=- (Version vom 31.10.2023)