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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

berechtigt glaubte, systematisch so schwere Angriffe gegen einen Minister zu richten, bisher sei solch Material nicht in die Erscheinung getreten. – Vert. Rechtsanwalt Glatzel: Seit Jahren besteht in der Presse, welche sich nicht für offiziös hält, die Überzeugung, daß eine offiziöse Preßmißwirtschaft, wie sie von der „Staatsbürger Zeitung“ behauptet wurde, tatsächlich existiert, daß eine Reform dringend notwendig sei und auch von Allerhöchster Stelle mit Rücksicht auf die Verwirrung, die dadurch angerichtet werde, als berechtigt anerkannt worden sei. – Frhr. v. Marschall: Er könne seine Beziehungen zur Presse nicht noch enger ziehen, als er es getan, wenn nicht das Staatsinteresse darunter leiden solle. Er wünschte, daß er mit der Presse überhaupt nichts zu tun hätte, denn er wisse, daß damit immer Anfeindungen verknüpft seien. Es gehe aber nicht anders. Von einer Preßmißwirtschaft im Auswärtigen Amte könne keine Rede sein; die Preßmißwirtschaft liege in allererster Reihe darin, daß gewisse Blätter eine Polemik mit einem anderen Blatte gar nicht führen zu können vermeinen, ohne daß sie den Gegner als „offiziös“ denunzieren. – Rechtsanwalt Glatzel: Daß eine Preßmißwirtschaft besteht, zeigt doch die Tatsache, daß ein so anerkannt offiziöses Blatt, wie die „Kölnische Zeitung“ auf Allerhöchsten Befehl aus dem Schlosse verbannt worden ist. – Freiherr v. Marschall: In keinem Ministerium der Welt kann man den Zeitungen, welche sich bereit erklären, Ansichten der Regierung Raum zu gewähren, zur Pflicht machen, niemals irgend etwas gegen ein Regierungsamt zu schreiben. – Rechtsanwalt Glatzel wünschte die Verlesung eines Artikels der „Staatsbürger Zeitung“, aus welchem hervorgehen werde, daß es der „Staatsbürger Zeitung“ nicht auf eine Beleidigung des Freiherrn v. Marschall, sondern auf die Bloßlegung eines Krebsschadens und auf die Reform offenbarer Mißverhältnisse ankam. – Oberstaatsanwalt Drescher: Wenn doch noch Verlesungen stattfinden sollen, so beantrage ich die

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/167&oldid=- (Version vom 6.11.2023)