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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

anhaftet. Dagegen muß ich die Behörde schützen. Leider sind wir gezwungen, solche Vertrauensmänner zu halten. Eine andere Frage ist allerdings, in welcher Weise die Vertrauensmänner benutzt werden und welche Personen sich dazu hergeben. Werden solche Vertrauensmänner angenommen, dann muß es auch mit großer Vorsicht und großem Takt geschehen, sonst treten derartige Verhältnisse ein, wie sie der Prozeß aufgedeckt hat. Wo liegt denn nun aber die eminent politische Bedeutung des Falles? Sie liegt in den Personen der Beleidigten und in dem Gegenstande der Beleidigung. Beleidigt sind: Graf zu Eulenburg, der Hofmarschall des Kaisers, ein hochgeachteter Mann aus der nächsten Umgebung des Monarchen, an den sich bisher noch niemand herangewagt hat. Beleidigt sind ferner: Staatssekretär v. Marschall, Prinz Alexander zu Hohenlohe und Wirkl. Legationsrat Dr. Hammann in bezug auf ihre Amtsehre. Dem Hofmarschall zu Eulenburg ist der Vorwurf einer Fälschung, eines Vertrauensbruchs, eines Verrats, gemacht: Er soll die Intentionen Sr. Majestät eigenmächtig durchkreuzt haben zum Schaden seines Vaterlandes und englischen Einflüssen gehorchend. Das ist ein Vorwurf, wie er schwerer kaum gedacht werden kann. Es ist bei dieser Gelegenheit wieder das Wort „Nebenregierung“ benutzt worden. Ich muß sagen: mir ist diese Bezeichnung in meinem dienstlichen Leben – darum allein kann es sich handeln, nicht aber um meine persönliche politische Stellung – öfter begegnet und ich muß sagen: es ist ein nichtsnutziges Wort, das in jedem Falle geeignet ist, die Ehrfurcht gegen Se. Majestät den Kaiser zu verletzen, unter Umständen sogar ein Wort, welches eine Majestätsbeleidigung enthält, insofern als Sr. Majestät Mangel an Willensstärke vorgeworfen und er als gefügiges Werkzeug irgendeiner Klique hingestellt werden soll. Ich würde keinen Augenblick zaudern, gegen jeden mit einer Anklage wegen Majestätsbeleidigung unter Umständen vorzugehen – mag er einer Partei angehören,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/218&oldid=- (Version vom 12.11.2023)