Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/219

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

welcher er wolle –, der dieses Wort unter besonderen Umständen anwendet. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß vor Jahren dieser Vorwurf gegen den Chef des Zivilkabinetts in dreistester Weise von antisemitischer Seite erhoben worden ist. Dieses nichtsnutzige Wort ist auch dazu benutzt worden, um Angriffe gegen das Auswärtige Amt und seinen Chef zu erheben. Diese Angriffe sind nicht neu. Der Anklageartikel ist eigentlich nur eine Fortsetzung einer langen Reihe anderer Artikel und Vorwürfe, die mehr oder, weniger versteckt an die Öffentlichkeit gekommen sind. Da mag irgendein Angriff gegen die Umgebung Sr. Majestät erhoben werden, sofort heißt es: „Die Nebenregierung ist im Spiele,“ alle Ministerveränderungen werden auf die Tätigkeit des Auswärtigen Amtes zurückgeführt, welches als die Brutstätte aller Kabalen und Intrigen geschildert wird, und so sollte man es kaum glauben, daß alles mögliche dem Auswärtigen Amte aufgebürdet wird. Ja, was sind denn das für Zustände? Ist es nicht im Staatsinteresse dringend geboten, einmal Klarheit zu schaffen? Öffentliche Berichtigungen des Staatsanzeigers nutzten nichts, man stürzte sich vielmehr wieder auf diese Berichtigungen. Dagegen hilft nur das eine Mittel: Strafantrag und Gerichtsentscheidung. Es mußte endlich einmal klare Rechnung gemacht werden, es mußte den Leuten, die immer wieder mit ihren versteckten Angriffen hervortraten, zugerufen werden: „Heraus aus dem Busch!“ Aber hat denn dieser große Prozeß den Zweck erreicht? Ich fürchte, daß diejenigen, welche bisher diese unberechtigten Vorwürfe erhoben hatten, mit „Nein!“ antworten werden. Wenn es die Hauptaufgabe des Prozesses sein sollte, die Hintermänner zu ermitteln, welche hinter den beiden Artikeln in der „Welt am Montag“ standen, so mag auch dieser Zweck als verfehlt bezeichnet werden. Aber ich glaube gar nicht, daß Leckert einen Hintermann gehabt hat. Ich meine, die Hauptaufgabe dieses Prozesses ist gewesen, den Beweis dafür zu erbringen, daß

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/219&oldid=- (Version vom 12.11.2023)