Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/221

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

angelogen! Ich behaupte, daß Leckert wider besseres Wissen gehandelt hat, und dasselbe will ich mit Bezug auf Lützow nachweisen. Der erfahrene, gewandte v. Lützow soll nicht zu der Überzeugung gekommen sein, daß Leckert ein hohler, leerer Renommist war? Sollte v. Lützow noch nicht aus seinem angeblichen Irrtum herausgekommen sein, als die gesamte Presse seinen ersten Artikel verdammte und den Inhalt als dumm und albern bezeichnete? Seine „Enthüllungen“ sind nicht als bare Münze sofort anzunehmen, denn sie sind doch nur unter dem Eindrucke zustande gekommen, daß für ihn nun alles verloren sei. Deshalb hat er Herrn v. Tausch schließlich fallen lassen. Helfen kann ihm dies blutwenig, für seine bona fides ist damit nichts, aber auch gar nichts bewiesen. Zweifellos ist auch, daß beide Angeklagte mündlich den Freiherrn v. Marschall und Beamte des Auswärtigen Amtes verleumderisch beleidigt haben. Lützow hat unter wiederholtem Bruch seines Ehrenwortes dem Dr. Plötz versichert, daß er in Sachen des Artikels vom Freiherrn v. Marschall empfangen worden sei. Er hat dies schließlich zugestehen müssen und ist damit der mündlichen Verleumdung überführt. Dazu tritt die schriftliche Verleumdung in dem an Herrn v. Tausch erstatteten Bericht. Für Dr. Plötz dürfte der § 186 in Anwendung zu bringen sein, zunächst sicher bezüglich des ersten Artikels, den er trotz seiner Ungeheuerlichkeit für wahr gehalten haben mag, da sein Gewährsmann der bis dahin unverdächtige v. Lützow war. Zweifelhaft ist die Sache bei dem zweiten Artikel. Bei diesem hat sich Dr. Plötz in ganz loyaler Weise bei autoritativer Stelle erkundigt und man könnte sich wundern, daß trotzdem der zweite Artikel erschienen ist. Aber er hat doch Zusätze gemacht, die bekundeten, daß er selbst nicht mehr an die Wahrheit der im ersten Artikel aufgestellten Behauptungen glaubte. Seine Erklärung, die er über die Aufnahme des zweiten Artikels gegeben, klingt immerhin glaubwürdig. Ich muß

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/221&oldid=- (Version vom 12.11.2023)