Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/223

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

Staatssekretär Freiherrn v. Marschall geschleuderten Beleidigungen und daß wir ein ganzes Nest von Verleumdern vor uns haben, in welches man mit fester Hand hineingreifen muß. Leckert muß trotz seiner Jugend einen empfindlichen Denkzettel haben. Ich beantrage gegen Leckert 1 Jahr 6 Monate Gefängnis. Gegen Lützow kommt in Betracht, daß er als ehemaliger Offizier und Träger eines altehrwürdigen Namens mit der Ehre anderer Menschen besonders vorsichtig umzugehen hat, ferner, daß er sich mit Herrn v. Tausch in Verbindung gesetzt hat und recht viele Verbindungen besaß, in welche seine Verleumdungen durchsickern konnten. Trotz seiner „Enthüllungen“ liegen auch bei ihm mildernde Umstände nicht vor. Ich beantrage auch gegen ihn 1 Jahr 6 Monate Gefängnis. Gegen Dr. Plötz beantrage ich mit Rücksicht auf die guten Folgen, die die Sache schließlich gehabt hat, eine Festungshaft von 1 Monat, gegen Berger 2 Monate Festungshaft, gegen Föllmer 300 Mark Geldstrafe, gegen Leckert sen. Freisprechung. Das Ergebnis dieser Verhandlungen muß allgemein als ein glückliches bezeichnet werden. Dem Herrn Staatssekretär persönlich ist an der Bestrafung der einzelnen Angeklagten nichts gelegen, er hatte seine schwer gefährdete Ehre zu wahren, deshalb hat er sich in die Öffentlichkeit geflüchtet. Der Gerichtshof wird, denke ich, nicht umhin können, den schwer beleidigten Herren zu sagen: Wir gewähren euch den nachgesuchten Schutz und geben euch euer Recht! – Vert. Rechtsanwalt Dr Gennerich hielt nicht für ausgeschlossen, daß Leckert einen Hintermann gehabt habe, obgleich dessen Existenz durch die Verhandlung nicht nachgewiesen sei und bat den jungen und bisher unbescholtenen Angeklagten nur aus dem milderen Beleidigungsparagraphen zu bestrafen. – Vert. Rechtsanwalt Dr. Lubczynski sprach zunächst namens der gesamten Verteidigung dem Vorsitzenden den Dank aus für den Takt und die Umsicht, mit der die Verhandlungen geleitet wurden. Darauf gab der Verteidiger in kurzen Zügen ein Bild von der

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/223&oldid=- (Version vom 12.11.2023)