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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

die er dem Dr. Plötz gegenüber gemacht hat, eventuell würde hier ein mildes Strafmaß am Platze sein. Ich beantrage deshalb, den Angeklagten nur wegen einer Beleidigung aus § 186 zu verurteilen. Halten Sie dem Angeklagten sein Geständnis zugute, denn es ist doch der Ausgangspunkt geworden zu einer vollständigen Klärung der Situation. v. Lützow ist unter dem dämonischen Einfluß des Kommissars v. Tausch gewesen, dessen Rolle nun ausgespielt ist. v. Lützow wird die ihm aufzuerlegende Strafe ertragen und sich einen neuen Beruf suchen. Erschweren Sie ihm dies nicht durch eine so hohe Strafe. Niemand wird sich eines gewissen Mitgefühls für diesen Angeklagten erwehren können, der nun seinem Schicksale erlegen ist. Rechnen Sie seine Strafe nach Monaten und bringen Sie einen Teil der Untersuchungshaft in Anrechnung! – Oberstaatsanwalt Drescher: Ich muß meinen Strafantrag vervollständigen und berichtigen. Ich habe bei Dr. Plötz 1 Monat, bei Berger 2 Monate Festungshaft in Antrag gebracht. Das ist nach § 186 nicht zulässig, ich beantrage daher das gleiche Maß von Gefängnis. Ferner beantrage ich Einziehung der Schriften, Unbrauchbarmachung der Platten und Formen und Publikation des Erkenntnisses im „Reichsanzeiger“, in der „Staatsbürger Zeitung“ und der „Welt am Montag“. – Rechtsanwalt Schmilinski führte aus, daß der Angeklagte Dr. Plötz sehr wohl an der Wahrheit seiner Mitteilungen glauben konnte. – Rechtsanwalt Dr. Braß betonte, daß sein Klient Föllmer abends in größter Eile die kleine Notiz geschrieben und daß ihm dabei nicht die Absicht und das Bewußtsein einer Beleidigung innegewohnt habe. – Rechtsanwalt Glatzel verteidigte die Haltung der „Staatsb. Ztg.“. – Nach fast dreistündiger Beratung des Gerichtshofes verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Roeseler folgendes Urteil:mDer Gerichtshof hat als erwiesen angesehen, daß der Angeklagte v. Lützow gegen einen Sold von monatlich 200 Mark im Dienste des Kriminalkommissars v. Tausch stand, daß er

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/225&oldid=- (Version vom 12.11.2023)