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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

Zeugnis vorzüglicher Führung erhalten habe. – Wrobel war Schneider. Er führte, so gab er in seiner Vernehmung an, einen unordentlichen Lebenswandel. Er ergab sich dem Trunk, wurde wegen Nervenzerrüttung in die Charitee in Berlin aufgenommen, rettete sich nach Hoffnungsthal als Kolonist – und wurde von dort durch Breithaupt nach Mieltschin berufen. Er sei als Schneider und Aufseher engagiert worden, habe aber von Erziehung bis dahin nichts verstanden. Das habe auch Breithaupt gewußt. Der Vorsitzende richtete an Wrobel und zugleich an die übrigen Angeklagten die Mahnung, sich nicht von einer Mißstimmung gegen Breithaupt leiten zu lassen, die bei ihnen vorzuliegen scheine. – Auch Wendland, der der Sohn eines Regierungsbaumeisters war und das Bauhandwerk erlernt hatte, gab zu, daß er heruntergekommen sei und in Hoffnungsthal Zuflucht gesucht habe. Von da sei er nach Bethel als Wärter und später von Breithaupt nach Mieltschin als Aufseher und Erzieher für Fürsorgezöglinge berufen worden. – Aus geordneten Verhältnissen kam Brosinsky, der Tischler war und wegen Kränklichkeit Stellung in Mieltschin annahm, um in der Anstalt als Tischlermeister tätig zu sein. Daß das eine Aufseherstellung sein sollte, hatte er nicht gewußt. An Breithaupt war er durch Wrobel, den er kannte, empfohlen worden. – Auch Schüler brachte keinerlei Vorkenntnisse für das Amt eines Erziehungsgehilfen mit. Er verließ, ebenso wie Brosinsky, die Anstalt schon nach kurzer Zeit wieder. – Riemenschneider hatte ziemlich am längsten in der Anstalt ausgehalten. Er war anfänglich Handschuhmacher, brachte es später zum Polizeibeamten in Friedrichshagen, wurde Versicherungsagent, nahm Aufenthalt in Bodelschwinghs Gnadenthal als Kolonist – und landete durch Breithaupts Gnade in Mieltschin. – Habedank, ein gelernter Holzbildhauer, war Landarbeiter geworden, ging als Arbeitsloser nach Bodelschwinghs Lobethal – und wurde von Breithaupt als geeignet zum Posten eines Erziehers für

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/236&oldid=- (Version vom 16.12.2023)