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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

tragen müssen. – Angekl. Breithaupt bestritt, daß Graske an die Wand gefesselt worden sei. – Angekl. Wrobel gab als möglich zu, den Angeklagten an die Wand gekettet zu haben. Wenn dies geschehen, dann habe dies unbedingt Breithaupt angeordnet. – Graske zeigte alsdann auf Auffordern des Vorsitzenden, mit Hilfe der Ketten, die auf dem Gerichtstisch lagen, wie er gefesselt worden sei. – Der frühere Leiter der Lichtenberger Anstalt Buth und Lehrer Hentschel (Lichtenberg) bemerkten: Es sei kein Anlaß vorhanden, an den Worten Graskes zu zweifeln. – Gerichtsarzt Med.-Rat Dr. Hoffmann: Die Behandlung des Graske, in Verbindung mit der Kostentziehung, der Fesselung und der mangelhaften Möglichkeit der Lagerung während der Nacht, sowie das Schlafen mit durchnäßten Hosen bedingen, zusammen genommen, eine arge Gefährdung der Gesundheit und des Lebens. Er sei lange Zeit Zuchthausarzt gewesen und zwar zu einer Zeit, als im Zuchthaus noch geprügelt wurde. Es seien im Höchstfalle 15 Hiebe verabreicht worden. 50 Hiebe sei eine geradezu ungeheuerliche Strafe. – Der Zeuge Graske bekundete noch auf Befragen: Er sei später einmal beim Rauchen ertappt worden. Er habe deshalb 25 Hiebe erhalten und die Fußkette angelegt bekommen. Wegen eines dritten Vergehens habe er nochmals 50 Hiebe erhalten. – Es erschien alsdann als Zeuge der ehemalige Fürsorgezögling Schwarzenberg: Er sei in Hamburg bei der Heringsfischerei gewesen und mit einem Schiffe nach Brasilien gefahren. Als er nach Berlin zurückkam, wurde er in die Lichtenberger Anstalt und von dort nach Mieltschin überführt. Eines Tages sei Pastor Breithaupt überbracht worden, daß er mit anderen Zöglingen ausreißen wolle. Obwohl das nicht wahr war, habe ihn Breithaupt mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihn in die Station gebracht, wo er 50 Hiebe erhalten sollte. Er habe sich gesträubt mit dem Bemerken, daß er unschuldig sei. Darauf haben sofort acht Wärter mit Gummiknüppeln auf ihn losgeschlagen. Er

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/254&oldid=- (Version vom 17.12.2023)