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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

mindestens nicht auf Freiheitsstrafe erkenne. – Vert. Rechtsanwalt Dr. Hirschfeld führte aus: Engels sei ein Opfer der Autorität Breithaupts geworden, den er vergeblich darauf aufmerksam gemacht habe, daß die Strafen doch zu hart seien. – Vert. Justizrat Wronker bezeichnete als den besten Verteidiger für Breithaupt und zugleich für Engels und die anderen Aufseher den Zögling Eggert, der vor Gericht erklärt habe, da habe es eben an der pädagogischen Vorbildung gefehlt. Das gelte auch für Engels, der erst unter Breithaupt sich zu seinen Ungunsten verändert habe. Nach einer kurzen Erwiderung des Staatsanwalts Dr. Reiner, der es als ungewöhnlich bezeichnete, daß von der Bank der Anwälte aus einmal die Versagung mildernder Umstände gefordert werde, nahm noch einmal der Nebenkläger, Rechtsanwalt Dr. Rosenfeld, das Wort, auf den diese sarkastische Bemerkung abzielte. Er kennzeichnete noch schonungsloser als zuvor die „Erziehungstätigkeit“ Breithaupts, forderte mehrjährige Gefängnisstrafe und schloß: „Ließe das Gericht hier Milde walten, so würde man sagen können, daß Fürsorgezöglinge vogelfrei sind und ein Freibrief für Mißhandlungen ausgestellt worden ist.“ – Angeklagter Wrobel: Ich habe zu meiner Verteidigung nichts weiter anzuführen, als daß ich damals unter dem Druck der Verhältnisse gestanden habe. Ich hatte keine Mittel und war von Pastor Breithaupt aufgefordert worden, nach Mieltschin zu kommen. Wenn ich gewußt hätte, daß ich mich durch die Handlungen strafbar machte, so können Sie überzeugt sein, daß ich derartiges nicht getan hätte. Durch die Anzeige, die ich damals erstattet habe, bin ich in meiner Existenz so bedroht worden, daß ich mindestens zwei bis drei Jahre gebrauchen werde, um mich wieder zu dem zu machen, was ich gewesen bin. Ich bitte, von einer Geldstrafe abzusehen, weil ich sie doch nicht bezahlen könnte. – Angeklagter Wendland: Was ich getan habe, habe ich nur im Pflichtbewußtsein getan. Ich mußte es tun. Hätte ich mich geweigert, so wäre ich

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/294&oldid=- (Version vom 22.12.2023)