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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

und so wurden denn ganz maßlose, ungerechtfertigte Angriffe gegen die Justizverwaltung erhoben, Angriffe, wie sie wohl noch niemals vorgebracht worden sind. Keiner der vorgebrachten Gründe kann auch nur im geringsten durchschlagen. Wie es um die angebliche Anweisung des Justizministers, durch die eine Beeinflussung erfolgt sein soll, bestellt ist, das ist gestern in aller Ausführlichkeit klargelegt worden. Der unerhörte Vorwurf, daß der Justizminister vorsätzlich gegen Gesetz und Vorschrift in das Verfahren eingegriffen habe, um dem Angeklagten zu schaden, muß mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Was ist denn tatsächlich geschehen? Unsere Justizverwaltung ist in hohem Grade daran interessiert, daß ein Deutscher namens Stallmann, der in dreistester Weise zahlreiche Personen, auch Deutsche, durch Hochstapeleien geschädigt hat, festgenommen, und daß die Strafbehörde seiner habhaft werde. Der Justizminister und das Auswärtige Amt haben alles in Bewegung gesetzt, um dieses Schwindlers habhaft zu werden, und dabei ist der vorgeschriebene Weg betreten worden; der zuständige Referent für das Auslieferungsverfahren hat die darauf bezüglichen Vorschriften genau befolgt. Der Justizminister hat nichts weiter getan, als den Sachverhalt auf dem vorgeschriebenen Dienstwege dem Landgerichtspräsidenten mitzuteilen. Das ist alles. Kein irgendwie erkennbares Eingreifen in dieses Strafverfahren gegen den Angeklagten, kein Wort von Metternich! Wie man aus diesem Sachverhalt eine Anweisung zuungunsten des Angeklagten herauslesen kann, wie man aus diesem Vorgange, der sich nur auf die Auslieferung des Stallmann bezog, folgern kann, daß der Justizminister wider Recht und Gesetz in das Verfahren eingegriffen habe, ist mir absolut unverständlich! Wenn dies in die Welt hinausgeschrien wird, so kann das zwei Gründe haben: Entweder versteht die Verteidigung überhaupt nichts vom Auslieferungsverfahren, oder man muß sagen: diese Beschuldigung wird wider

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/245&oldid=- (Version vom 28.12.2022)