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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

steht, und es kommt sehr selten vor, daß entgegen der Anklage nicht eröffnet wird. Es liegt in den tatsächlichen Verhältnissen und in diesem Falle in der notwendigen Eile, daß es nicht möglich ist, eine Anklage eingehend zu prüfen; hier handelte es sich um eine Haftsache, die beschleunigt werden sollte. – Vors.: Ich muß dagegen protestieren, daß eine Gerichtsbehörde hier in dieser Weise heruntergesetzt wird mit Behauptungen, die absolut nicht den Tatsachen entsprechen. Wenn Sie sich den Eröffnungsbeschluß ansehen, werden Sie sich überzeugen, daß dieser von der Anklage in verschiedenen Punkten abweicht. Diesen groben Vorwurf weise ich zurück. – R.-A. Dr. Jaffé: Ich habe durchaus keinen Vorwurf erheben wollen. – Vors.: Wenn man einer Behörde sagt, sie tue ihre Pflicht nicht – und es ist ihre Pflicht, sorgfältig zu prüfen, ob das Verfahren gegen einen Angeklagten zu eröffnen ist –, so ist das der Vorwurf einer Pflichtverletzung. – R.-A. Dr. Jaffé: Ich habe nur gesagt, es hat nicht so genau geprüft werden können infolge des Drängens auf Beschleunigung. Ich behaupte, und es ist mir auch von anderer Seite bestätigt worden, daß die Verhaftung des Angeklagten ein taktischer Fehler war. In bezug auf den Ablehnungsantrag muß ich mich dagegen verwahren, daß er so ausgelegt wird, wie es der Staatsanwalt getan. Es ist nicht gesagt worden, daß das Eingreifen des Justizministers vorsätzlich zuungunsten des Angeklagten geschehen sei. Der Staatsanwalt sollte als Jurist wissen, daß es einen Unterschied zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit gibt. Was die Wertheim-Sache betrifft, so ist dies doch gar nicht zu vergleichen mit der Art, wie der Staatsanwalt in das Vorleben von Zeugen hineingeleuchtet hat. Daß diese Beweisführung nötig war, hat der Gerichtshof dadurch anerkannt, daß er unseren Antrag für erheblich erachtete, und wenn dieser Antrag erheblich war, so war auch erheblich, was wir weiter vorgebracht haben. Ich habe schon darauf hingewiesen, wieweit der Staatsanwalt

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/266&oldid=- (Version vom 31.12.2022)