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einigen anderen Dörfern gehörte, über welche ein geistliches Mitglied des Stiftscapitels zu Meißen als „Obedientiarius“ weltlicher Gerichtsherr war, mußten die Verbrechen, welche mit Todesstrafe (ultimum supplicium) zu ahnden waren, ferner das Abschlagen von Gliedern oder Verwundungen und Verstümmelungen „bis zur Tiefe eines Fingergliedes“, worunter solche Verwundungen zu verstehen waren, bei welchen die Wunde die Tiefe des Nagelgliedes des mittelsten Fingers und die Länge des längsten Gliedes dieses Fingers hatte, nach Göda angezeigt werden. Wunden von dieser Beschaffenheit hießen, noch von der Zeit her, wo Streitigkeiten durch Zweikampf ausgemacht wurden: „Kämpferwunden“ und gehörten vor das höhere Gericht. Kamen auf den Gütern und in den Dörfern der „herrschaftlichen Obedienz“ dergleichen Verbrechen oder Verwundungen vor, so mußten zwei Personen von dort zum nächsten Gerichtstage (ad proximum judicium observandum) nach Göda kommen, um über den Vorfall zu berichten und die Uebelthäter zu benennen, damit dieselben „geheischt“ werden konnten. Behaupteten die Abgeschickten, den Uebelthäter nicht zu kennen, so mußten sie dieses beeiden und sich zugleich eidlich verpflichten, innerhalb der nächsten 14 Tage weiter nach der Person des Uebelthäters zu forschen und sodann darüber Anzeige zu machen. Die Dingbuße (emenda pecuniaria), welche ein auf die Ladung Ausgebliebener zu erlegen hatte, ehe er bei einem späteren „Ding“ (Gerichtstage) zum Abtrag[1] zugelassen wurde, war eine „höhere“ und eine „geringere“. Die höhere sollte nicht mehr als 6 Schillinge, die geringere nicht mehr als 14 Groschen betragen und dieselbe Buße sollte im ganzen Districte des Schlosses Stolpen – wo die Bischöfe zu Meißen seit Bischof Thimo (1399 bis 1410) zu residiren pflegten – gelten.

Jahrhunderte lang hat der „Dingestuhl“ in Göda bestanden, bei welchem der Richter des bischöflichen Antheils von Göda als Landrichter mit drei aus anderen Dörfern gewählten Landschöppen amtirte und die geschäftlichen und amtlichen Zuschriften der bischöflichen Canzley zu weiterer Beförderung oder Erledigung empfing.[2] Änderungen traten


  1. Im alten deutschen Recht galt der Grundsatz: Hand und Haut und Haar konnte durch eine Geldbuße gelöst werden; der Hals nur durch einen Sühnevertrag mit dem Verletzten.
  2. Neben dem Dingstuhle zu Göda gab es ein besonderes wendisches Landgericht in Budissin, welches in dem Schlosse daselbst abgehalten wurde und bei welchem die Funktionen des Landrichters und der Schöppen Wenden aus Göda und der Umgegend versahen. Im 16. Jahrhundert hatte dieses Landrichteramt der „alte“ Bobus von Göda inne. Er wurde mit dem Schöppen Hieronymus Fleischer zur Auskunftsertheilung über dieses Gericht nach Budissin vor die Verordneten von Stadt und Land und den Hauptmann erfordert und aus ihren Angaben läßt sich Folgendes mittheilen. Zum Richter des wendischen Landgerichtes in Budissin war Bobus von Göda durch den Canzler des landvoigteilichen Amtes in Budissin, nicht etwa wegen seines Grundbesitzes bestellt worden. Den Land-Richter dieses Gerichtes hatte das Amt nach seinem Gefallen zu wählen Die Schöppen waren dagegen zu ihrer Funktion durch den Besitz ihrer Güter berufen. Sie waren, obwohl Einzelne schon eines ihrer besten Rosse dafür[12]
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Peter Lieschke: Zur Geschichte des Ortes und der Parochie Göda bei Bautzen. J. E. Schmaler, Bautzen 1876, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Ort_und_Parochie_G%C3%B6da.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)