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in demselben ein, als das Verfahren in peinlichen Sachen ein anderes wurde. Als nach dem Uebergange von Stolpen an Chursachsen (1558/59) auch in Göda der bisherige bischöfliche Besitz sich erledigt hatte und alle damit verbundenen Rechte dem churfürstlichen Amte zu Stolpen überwiesen worden waren, nannte sich der Landrichter zu Göda Amtslandrichter und die Schöppen Amtslandschöppen und mit dem Beistande derselben wurden die Geschäfte durch einen Justizbeamten von Stolpen verhandelt namentlich Testamente, Käufe, Verschreibungen, Vormundschaftssachen, Rügen u. s. w. Als 1810 die Aufhebung dieses alten Dingstuhls in Frage kam[1], gehörten unter denselben noch die Orte: Göda, Cossern, Dretschen, Kubschütz, Birkau, Wölkau, Pietschwitz, Zockau, Semmichau, Großhänchen, Obergurig, Sohra, Muschelwitz, Singwitz, Oberneukirch, Tautewalde.

Uebrigens waren an dem herrschaftlichen Besitze der Bischöfe von Meißen in Göda noch vor dessen Abtretung an Chursachsen zeitweilig einige Aenderungen vorgekommen. Durch Bischof Thimo, einen Herrn von


    hatten geben wollen, von diesem Amte nicht freigelassen worden. Die Schöppen waren damals ein gewisser Zschiesche von Dobranitz unter der wendischen Obedienz, der andere Andreas Sauer aus Prischwitz. Richter und Schöppen erhielten keine Besoldung, sondern nur eine Mahlzeit und nach vollendetem Geding, eine Kanne Bier und zwei Brote. Zu Sommers-Zeit wurde dieses Landgericht gewöhnlich nach Mittag unter dem Thore des Schlosses „ober dem langen Tische“, im Winter aber in der alten Canzley gehalten; jedoch wurden alle Zeit „in stehendem Geding“ die Schloßthore offen gehalten. Wenn der Landrichter Bobus das Landgericht, wie gebräuchlich eröffnet hat, ist er von der Bank aufgestanden, hat einen Schöppen seine Stelle einnehmen lassen und die Klagen in wendischer Sprache, in welcher diese Gerichtshändel geführt worden sind, vorgebracht. Blieb ein Theil ungehorsamer Weise aus, so wurde er am nächsten Geding nicht gehört, wenn er nicht 14 Silbernegroschen „vor Recht und Buße“ zuvor gezahlt hatte. Sowohl bürgerliche, als peinliche Händel wurden vor dieses wendische Landgericht gezogen. Wurde der dritten Ladung nicht Folge geleistet, so erfolgte die Achts-Erklärung gegen die betreffende Person auf der Schlossbrücke zu Budissin durch den Frohnboten, welcher folgende vom Landrichter ihm vorgesagten Worte ausrief: „Ich Landrichter, thue im Königlichem Amte zu Budissin in die Acht N. N. mit Hand und Munde, nehme ihm alles Recht und gebe ihm alles Unrecht, mache sein Weib und seine Kinder, so er deren hat, zu Wittwen und Waisen, gebe ihn den Vögeln in der Luft, benehm ihn aller vier Elemente, Feuer, Luft, Wasser und Erde, wer ihn todt oder lebendig zur Stelle vor Gericht bringt, der soll in diesem nichts „verbühren oder verrrücken“, es soll ihm Alles „ohne Entgeltniß frei und genossen ausgehen.“ Wer von der Acht sich befreien wollte, mußte sich sowohl mit dem Landgerichte als auch mit dem Kläger oder dessen Erbschaft vertragen d. h. durch Zahlung von Bußen abfinden. Dieses wendische Landgerichts haben sich im Besondern die Herrschaften gegen „ihre Rebellen und ungehorsamen Unterthanen“ bedient. Dasselbe war in seiner Competenz nicht beschränkt; Landrichter und Erbschöppen konnten: „Lemde, beinschüttige und Kämpferwunden vor sich ziehen.“ Dem Gericht wohnte wenigsten zur Zeit des alten Bobus ein Beamter des Schlosses Budissin, der Hofrichter oder der Canzler, bei.

  1. Der Dingstuhl in Göda wurde noch im Jahre 1807 nach Art der alten Schöppengerichte eröffnet und geschlossen. Es wurden zwischen Richter und Schöffen die im Anhange zu dieser Schrift mitgetheilten Weschselreden geführt. Ein gleiches Verfahren fand in der Oberlausitz früher bei dem Hofgericht und bei der s. g. Ehrentafel statt.
Empfohlene Zitierweise:
Peter Lieschke: Zur Geschichte des Ortes und der Parochie Göda bei Bautzen. J. E. Schmaler, Bautzen 1876, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Ort_und_Parochie_G%C3%B6da.pdf/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)