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Königl. Centralstelle für Gewerbe und Handel (Hrsg.): Schleppschifffahrt an versenktem Drahtseil

Angesichts dieses so überaus günstigen Einflusses, welchen die Kanalisirung eines Flusses auf die Billigkeit der Frachten für Güter ausübt, liegt die Frage nahe, ob die Beschaffenheit des Neckars, wenigstens in seinem untern Theile von Heilbronn an, der Kanalisirung übermäßige Schwierigkeiten in den Weg legen würde oder nicht?

Das Flußbett selbst muß als in jeder Beziehung sehr geeignet hiezu bezeichnet werden, denn es ist weder in Arme gespalten, noch sind solche Krümmungen vorhanden, welche der Schifffahrt ernstliche Hindernisse bereiten; die Ufer sind nirgends seicht und Mühlwehre existiren unterhalb von Heilbronn nicht mehr; es sind zwar noch einige Neckarmühlen vorhanden, welche aber nicht als ein wesentliches Hinderniß zu betrachten sind, vielmehr könnte möglicherweise die Wasserkraft derselben noch vermehrt werden.

Größer sind die Schwierigkeiten, welche das starke Gefäll des Neckars seiner Kanalisirung entgegensetzt, denn während das Durchschnittsgefäll der Seine zwischen Paris und Montereau 0,02 Proz. und das der Maas zwischen Lüttich und Ramur 0,02 bis 0,03 Proz. beträgt, ist das des Neckars von Heilbronn (466 Par. F.) bis Heidelberg (302') bei einer Länge von 23 Stunden à 13,000' – 0,063 Proz. (zwischen Heilbronn und Böttingen 0,056 Prozent).

Auf die Erhaltung einer Minimalwassertiefe von 1,2 Meter bis 1,8 Meter, wie bei obigen Flüssen wird man daher verzichten und sich mit 0,8 Meter (2,8') begnügen müssen, was aber gegenüber den bestehenden Verhältnissen, bei welchen der Wasserstand des Flusses oft gerade zur Zeit des stärksten Verkehrs auf 1,8', ja bis 1,5' herabsinkt, immerhin ein außerordentlicher Gewinn wäre. In diesem Fall würden die Wehre, wenn ein Aufstau von 7' über den ursprünglichen (6' über den neuen) Niederwasserspiegel angenommen wird, eine durchschnittliche Entfernung von 13,000' oder 1 Stunde von einander erhalten, und wären bis Heidelberg deren 23 erforderlich.

Nach den Mittheilungen in den „Annales des ponts et chaussées“ über die Anlagekosten der Wehre und Schleußen an der obern Seine, wird ein Neckarwehr mit Berücksichtigung seiner geringeren Länge, sammt Schleuße für einen ganzen Schiffszug auf ca. 250,000 fl. anzuschlagen sein und die Kanalisirung des Neckars bis Heidelberg daher einen Aufwand von ca. 6 Millionen Gulden erfordern, wovon ca. 11/4–11/2 Millionen für 5 oder 6 Wehre und Schleußen auf die Strecke von Heilbronn bis zur Landesgrenze bei Böttingen träfen.

So sehr bedeutend dieser Aufwand auch ist, so erscheint er doch nach den oben gegebenen Nachweisungen über die dadurch zu erzielenden volkswirthschaftlichen Vortheile nicht unverhältnißmäßig, wie ja auch für manche Eisenbahn

Empfohlene Zitierweise:
Königl. Centralstelle für Gewerbe und Handel (Hrsg.): Schleppschifffahrt an versenktem Drahtseil. Chr. Fr. Cotta's Erben, Stuttgart 1869, Seite 467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gewerbeblatt_aus_W%C3%BCrttemberg_1869_pp465-468.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)