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40. Ueber den Einfluss magnetischer Kräfte auf die Emission des Lichtes; von H. A. Lorentz.

§ 1. Hr. Zeeman hat in seinen Mittheilungen[1] über die Spectrallinien einer in ein magnetisches Feld gestellten Lichtquelle die einfache Theorie entwickelt, mittels welcher sich die von ihm entdeckten Erscheinungen erklären und zum Theil vorhersagen liessen. Beschränkt man sich auf eine einzige Spectrallinie, so genügt es anzunehmen, dass jedes leuchtende Molecül (oder Atom) ein einziges bewegliches Ion enthalte, welches, sobald es seine Gleichgewichtslage verlassen hat, durch eine der Verschiebung proportionale, aber von deren Richtung unabhängige Kraft nach dieser Lage zurückgetrieben wird. Alle Bewegungen eines solchen Ions lassen sich zerlegen in geradlinige Schwingungen in Richtung der Kraftlinien und kreisförmige Schwingungen senkrecht zu denselben. Die Schwingungsdauer der ersteren wird durch die magnetische Kraft nicht beeinflusst, die Periode der letzteren dagegen, je nach der Richtung des Umlaufes, um einen bestimmten Betrag verlängert oder verkürzt. So erklären sich in einfachster Weise die von Zeeman beobachteten doppelten und dreifachen Linien, sowie die dabei bestehenden Polarisationsverhältnisse.

Es liegt nun aber der Gedanke nahe, dass die leuchtenden Theilchen wohl viel complicirter gebaut seien, und es erhebt sich also die Frage, ob die obigen einfachen Annahmen auch wirklich nothwendig seien. Eine Beantwortung dieser Frage soll im Folgenden gegeben werden, freilich nicht ohne eine gewisse Einschränkung. Ich werde z. B. absehen von den durch die beweglichen Ionen selbst hervorgerufenen magnetischen Kräften.

§ 2. Wir betrachten ein leuchtendes Molecül als ein materielles System, für welches ein Zustand stabilen Gleichgewichtes


  1. Zeeman, Zittingsverslagen der Akad. v. Wet. te Amsterdam, 5. p. 181, 242. 1896; 6. p. 13. 99. 1897; Phil. Mag. (5) 43.p. 226; 44. p. 55. 255. 1897.