Seite:Immanuel Kant Über Pädagogik Königsberg 1803.pdf/71

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Wenn das Kind z. E. lügt, muß man es nicht bestrafen, sondern ihm mit Verachtung begegnen, ihm sagen, daß man ihm in Zukunft nicht glauben werde, u. dergl. Bestraft man das Kind aber, wenn es Böses thut, und belohnt es, wenn es Gutes thut, so thut es Gutes, um es gut zu haben. Kommt es nachher in die Welt, wo es nicht so zugeht, wo es Gutes thun kann, ohne eine Belohnung, und Böses, ohne Strafe zu empfangen: so wird aus ihm ein Mensch, der nur sieht, wie er gut in der Welt fortkommen kann, und gut oder böse ist, je nachdem er es am zuträglichsten findet. –

Die Maximen müssen aus dem Menschen selbst entstehen. Bey der moralischen Kultur soll man frühe den Kindern Begriffe beyzubringen suchen, von dem, was gut oder böse ist. Wenn man Moralität gründen will: so muß man nicht strafen. Moralität ist etwas so Heiliges und Erhabenes, daß man sie nicht so wegwerfen und mit Disciplin in einen Rang setzen darf. Die erste Bemühung bey der moralischen Erziehung ist,