Seite:Immanuel Kant Über Pädagogik Königsberg 1803.pdf/92

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ziemt, zu führen, ihre Beurtheilungskraft zu schärfen, sie von der Ordnung und Schönheit der Naturwerke zu unterrichten, dann noch eine erweiterte Kenntniß des Weltgebäudes hinzuzufügen, und hierauf erst den Begriff eines höchsten Wesens, eines Gesetzgebers, ihnen zu eröffnen. Weil dies aber nach unserer jetzigen Lage nicht möglich ist, so würde, wenn man ihnen erst spät von Gott etwas beybringen wollte, sie ihn aber doch nennen hörten, und sogenannte Diensterweisungen, gegen ihn mit ansähen, dieses entweder Gleichgültigkeit, oder verkehrte Begriffe bey ihnen hervorbringen, z. E. eine Furcht vor der Macht desselben. Da es nun aber zu besorgen ist, daß sich diese in die Phantasie der Kinder einnisten möchte: so muß man, um sie zu vermeiden, ihnen frühe Religionsbegriffe beyzubringen suchen. Doch muß dies nicht Gedächtnißwerk, bloße Nachahmung und alleiniges Affenwerk seyn, sondern der Weg, den man wählt, muß immer der Natur angemessen seyn. Kinder werden, auch ohne abstrakte Begriffe von Pflicht, von Verbindlichkeiten, von Wohl- oder Uebelverhalten zu haben, einsehen, daß ein Gesetz der Pflicht vorhanden sey, daß nicht die Behaglichkeit, der Nutzen u. dergl. sie bestimmen solle, sondern etwas Allgemeines, das sich nicht nach den Launen der Menschen richtet. Der Lehrer selbst aber muß sich diesen Begriff machen.

Zuvörderst muß man alles der Natur, nachher diese selbst aber, Gott zuschreiben, wie z. E. erstlich Alles auf Erhaltung der Arten und deren Gleichgewicht angelegt worden, aber von weitem zugleich auch auf den Menschen, damit er sich selbst glücklich mache.