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vor die Kirchentür. Nach der Taufe kam denn auch der Küster und wollte das Wasser fortgießen. Der Esel stellte sich ihm gerade in den Weg, und der Küster, welcher sich über das dumme Tier ärgerte, rief: „Geh, alter Esel!“ Aber das unglückliche Grautier regte sich nicht von der Stelle. Da wurde der Küster zornig und goß ihm das Wasser über den Rücken; aber im nächsten Augenblick rannte er mit entsetzlichem Geschrei davon, denn das Tier fing an, sich zu verwandeln und gewann wieder Menschengestalt.

Der erlöste Bräutigam ging nun zu seiner Braut, und alsbald fand die Hochzeit statt, und beide sollen recht glücklich miteinander gelebt haben, weil der ehemalige Esel alles tat, was seine Frau haben wollte.[1]

Einige Hexen sollen sich auch durch Salben unsichtbar machen können. Wenn sie sich in Hasen verwandeln, was besonders in Irland vorkommen soll, so tun sie es hauptsächlich zu dem Zwecke, um schnell, nachdem sie einer Kuh die Milch ausgesogen haben, fortlaufen zu können.

Als der Neuengländer Daniel Smith einst am Buttern war und trotz der größten Anstrengung keinen Erfolg hatte, kam er zu der Überzeugung, daß sich eine Hexe im Kamin befinden müsse. Er warf also einige Tropfen Milch in das Kohlenfeuer, und als ihm am folgenden Tage die Witwe Brown begegnete, sah er, daß dieselbe stark verbrannt war. Nun wußte er, daß diese eine Hexe war und ihm das Buttern erschwert hatte. Ein Tyroler wurde einst bei derselben Beschäftigung so zornig, daß er sein Gewehr nahm und eine Kugel in das Butterfaß schoß. Am nächsten Tage hörte er, daß um dieselbe Zeit eine Hexe plötzlich gestorben sei.

Am ersten Mai verkaufen die Irländerinnen keine Milch, denn sie befürchten, die Käuferin könne eine Hexe sein und ihre Kühe bezaubern, sodaß sie ein ganzes Jahr lang keine Milch gäben.

Einst versteckte sich ein Irländer, dessen Kühe trocken geworden waren, früh am Morgen im Stalle und sah dann,


  1. Marie Schaeling, Sagen und Märchen. Basel o. J.