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§ 28

(1) Der Antrag des Betriebsleiters auf Durchführung eines erzieherischen Verfahrens wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin (§ 109 Abs. 3 GBA) hat vor allem zu enthalten
- die Darstellung der Disziplinverletzung
- die festgestellten Ursachen und Bedingungen
- die Einschätzung der Persönlichkeit des Werktätigen.
(2) Die Konfliktkommission kann den Antrag zurückweisen, wenn die Sache nicht zur Beratung vor der Konfliktkommission geeignet ist.

§ 29

(1) Führt die Konfliktkommission ein erzieherisches Verfahren wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin (§ 28) durch, kann sie nach Durchführung der Beratung von Erziehungsmaßnahmen absehen, wenn der erzieherische Zweck erreicht ist. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
(2) Sind Erziehungsmaßnahmen erforderlich, können folgende festgelegt werden:
- Die Verpflichtung des Werktätigen, sich vor dem Kollektiv zu entschuldigen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
- Andere Verpflichtungen des Werktätigen, die der Durchsetzung des Erziehungszieles dienen, werden bestätigt, oder ihm werden solche Pflichten auferlegt.
- Dem Werktätigen wird eine Rüge ausgesprochen.
(3) Die Konfliktkommission kann Verpflichtungen des Arbeitskollektivs zur Erziehung des Werktätigen bestätigen.

§ 30

(1) Bleibt in Arbeitsrechtssachen der Antragsteller unbegründet auch der zweiten Beratung fern, gilt der Antrag als zurückgenommen. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
(2) Erscheint der Antragsgegner auch zur zweiten Beratung unbegründet nicht, kann die Konfliktkommission in seiner Abwesenheit entscheiden, wenn der Sachverhalt geklärt ist und der Antragsteller eine Entscheidung beantragt. Bleibt der Antragsgegner eines erzieherischen Verfahrens wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin unbegründet der zweiten Beratung fern, hat die Konfliktkommission den Antrag innerhalb einer Woche zurückzugeben.
(3) Kann die Konfliktkommission nicht entscheiden, können die Ansprüche unmittelbar beim zuständigen Kreisgericht geltend gemacht werden.

Beratung wegen Vergehen

§ 31

(1) Vergehen sind vorsätzlich oder fahrlässig begangene gesellschaftswidrige Straftaten, welche die Rechte und Interessen der Bürger, das sozialistische Eigentum, die gesellschaftliche und staatliche Ordnung oder andere Rechte und Interessen der Gesellschaft schädigen.
(2) Über Vergehen berät und entscheidet die Konfliktkommission, wenn im Hinblick auf die eingetretenen Folgen und die Schuld des Bürgers die Handlung nicht erheblich gesellschaftswidrig ist und wenn unter Berücksichtigung der Tat und der Persönlichkeit des Bürgers eine wirksame erzieherische Einwirkung durch die Konfliktkommission zu erwarten ist. Diese Strafsachen werden durch die staatlichen Organe der Rechtspflege übergeben, wenn der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und der Bürger seine Rechtsverletzung zugibt. Bei fahrlässigen Straftaten kann die Sache der Konfliktkommission auch dann übergeben werden, wenn ein erheblicher Schaden eingetreten ist, jedoch die Schuld des Bürgers infolge außergewöhnlicher Umstände gering ist.
(3) Unter diesen Voraussetzungen berät und entscheidet die Konfliktkommission über alle Vergehen, insbesondere über
- Vergehen gegen das sozialistische und persönliche Eigentum
- Körperverletzungen
- Verletzungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

§ 32

(1) Die Übergabe an die Konfliktkommission erfolgt durch die Untersuchungsorgane, den Staatsanwalt oder durch das Gericht in Form einer schriftlich begründeten Entscheidung.
(2) Zur Sicherung der gründlichen Beratung der Sache haben die Übergabeentscheidungen vor allem zu enthalten
- eine umfassende Darstellung des Sachverhalts und der vorliegenden Beweismittel
- eine Einschätzung der Handlung unter Angabe des verletzten Strafgesetzes
- eine tatbezogene Einschätzung der Persönlichkeit des Bürgers
- die Gründe für die Übergabe an die Konfliktkommission
- Hinweise auf die Ursachen und Bedingungen der Handlung.
Ist ein Schaden entstanden, sind der Schadenersatzantrag und die Anschrift des Geschädigten beizufügen.
(3) Jedes Organ, das eine Sache übergibt, ist dafür verantwortlich, daß die Konfliktkommission bei der Behandlung derselben unterstützt wird.

§ 33

(1) Die Konfliktkommission kann gegen die Übergabe bis zum Abschluß ihrer Beratung beim übergebenden Organ Einspruch einlegen, wenn nach ihrer Meinung die Übergabevoraussetzungen (§ 31 Abs. 2) nicht vorliegen oder die Sache aus anderen Gründen nicht zur Beratung vor der Konfliktkommission geeignet ist.
(2) In diesen Fällen hat das übergebende Organ seine Entscheidung zu überprüfen. Die durch erneute Entscheidung bestätigte Übergabe ist für die Konfliktkommission verbindlich.

§ 34

(1) Die Konfliktkommission kann nach Durchführung der Beratung von Erziehungsmaßnahmen absehen, wenn das Verhalten des beschuldigten Bürgers gezeigt hat, daß er seinen Fehler eingesehen und begonnen hat, ihn zu überwinden. Dies ist im Beschluß festzuhalten.
Empfohlene Zitierweise:
: Konfliktkommissionsordnung (DDR) 1968. , Deutsche Demokratische Republik 1968, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Konfliktkommissionsordnung.pdf/6&oldid=- (Version vom 7.11.2023)