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(2) Die Konfliktkommission kann im Ergebnis der Beratung folgende Erziehungsmaßnahmen festlegen:
- Die Verpflichtung des Bürgers, sich beim Geschädigten oder vor dem Kollektiv zu entschuldigen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
- Die Verpflichtung des Bürgers zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens oder andere sachbezogene Verpflichtungen werden bestätigt.
- Der Bürger wird verpflichtet, den angerichteten Schaden durch eigene Arbeit wiedergutzumachen oder, falls dies nicht möglich ist, Schadenersatz in Geld nach den gesetzlichen Bestimmungen zu leisten.
- Dem Bürger wird eine Rüge ausgesprochen.
- Die Verpflichtung des Bürgers, eine Geldbuße von 5 M bis zu 50 M oder bei Eigentumsvergehen bis zum dreifachen Wert des verursachten Schadens, höchstens jedoch 150 M zu zahlen, wird bestätigt, oder ihm wird eine solche Pflicht auferlegt.
(3) Die Konfliktkommission kann Verpflichtungen eines Arbeitskollektivs, einer Hausgemeinschaft, eines anderen Kollektivs oder einzelner Personen zur Erziehung des Bürgers bestätigen. Diese Verpflichtungen sollen kontrollierbare Festlegungen enthalten, die den Erziehungsprozeß und die sozialistische Bewußtseinsbildung fördern und zur Überwindung von Ursachen und Bedingungen der Rechtsverletzung beitragen.
(4) Die Verpflichtung des Bürgers zur Wiedergutmachung des Schadens erfolgt im Einvernehmen mit dem Geschädigten.

§ 35

(1) Ist die Festlegung von Erziehungsmaßnahmen erforderlich, um den Bürger zur freiwilligen Einhaltung des sozialistischen Rechts und der Grundsätze der sozialistischen Moral anzuhalten, legt die Konfliktkommission die Maßnahme fest, die unter Berücksichtigung der Art und Schwere des Vergehens, der Umstände seiner Begehung und der Persönlichkeit des Bürgers den erzieherischen Zweck am wirksamsten erfüllt. Im Interesse einer wirksamen Erziehung können auch mehrere Erziehungsmaßnahmen nebeneinander festgelegt werden. Eine Häufung von Maßnahmen ist zu vermeiden.
(2) Eine Geldbuße soll nur festgelegt werden, wenn die Art und Schwere des Vergehens unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Bürgers eine nachhaltige erzieherische Einwirkung erfordern. Die Geldbuße wird insbesondere anzuwenden sein, wenn das Vergehen auf einer Mißachtung der von den Werktätigen geschaffenen Werte oder ihres persönlichen Eigentums, auf Bereicherungssucht oder Mißachtung vermögensrechtlicher Verpflichtungen beruht.
(3) Bei der Anwendung der Geldbuße und Bemessung ihrer Höhe sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des beschuldigten Bürgers und durch die Tat begründete Schadenersatzverpflichtungen zu berücksichtigen. Wird eine Geldbuße oder Schadenersatz in Geld festgelegt, sind im Beschluß Zahlungsfristen vorzusehen; die Festlegungen bei Schadenersatz erfolgen im Einvernehmen mit dem Geschädigten.

§ 36

(1) Bleibt der beschuldigte Bürger unbegründet auch der zweiten Beratung fern, hat die Konfliktkommission die Sache innerhalb einer Woche an das übergebende Organ zurückzugeben.
(2) Die Rückgabe einer Strafsache an das übergebende Organ unterbleibt, wenn es sich um ein Vergehen handelt, dessen Strafverfolgung nur auf Antrag möglich ist (§ 2 StGB), und dieser Antrag zurückgenommen wurde. Die Rücknahme dieses Antrages ist bis zum Schluß der Beratung vor der Konfliktkommission möglich. In einem solchen Fall wird die weitere Behandlung der Sache durch Beschluß eingestellt.

Beratung wegen Verfehlungen

§ 37

(1) Verfehlungen sind Verletzungen rechtlich geschützter Interessen der Gesellschaft oder der Bürger, bei denen die Auswirkungen der Tat und die Schuld des Bürgers unbedeutend sind und die im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen als solche bezeichnet werden
- Eigentumsverfehlungen
- Beleidigung und Verleumdung
- Hausfriedensbruch in Räumen und Grundstücken eines Bürgers.
(2) Eine Eigentumsverfehlung liegt vor, wenn die Tat unter Berücksichtigung aller Umstände, wie des Schadens, der Schuld des Bürgers und seiner Persönlichkeit, geringfügig ist und der verursachte oder beabsichtigte Schaden den Betrag von 50 M nicht wesentlich übersteigt. In der Regel darf es sich dabei nur um eine erstmalige Tat handeln.

§ 38

(1) Über eine Verfehlung berät und entscheidet die Konfliktkommission, wenn von einem geschädigten Bürger, einem Arbeitskollektiv, einer Hausgemeinschaft oder einem anderen Geschädigten Antrag gestellt wird oder wenn die Sache von der Deutschen Volkspolizei oder von einem disziplinarbefugten Leiter übergeben wird.
(2) Über eine Verfehlung kann die Konfliktkommission nur beraten und entscheiden, wenn die Tat bei Antragstellung nicht verjährt ist. Verfehlungen verjähren in sechs Monaten.
(3) Bei Beleidigung, Verleumdung und Hausfriedensbruch muß der Antrag innerhalb eines Monats, nachdem der Geschädigte von der Verfehlung erfahren hat, gestellt werden. Ist diese Frist zur Antragstellung ohne Verschulden versäumt worden, kann die Konfliktkommission auf Antrag Befreiung von den Folgen dieser Fristversäumnis gewähren.

§ 39

(1) Anträge auf Beratung über eine Verfehlung werden bei der Konfliktkommission schriftlich gestellt. Sie sollen insbesondere enthalten:
- eine Darstellung des Sachverhalts und der vorliegenden Beweismittel
- geltend gemachte Schadenersatzanträge oder sonstige zivilrechtliche Forderungen.
(2) Für den Inhalt der Übergabeentscheidung gilt § 32 Abs. 2 entsprechend.
Empfohlene Zitierweise:
: Konfliktkommissionsordnung (DDR) 1968. , Deutsche Demokratische Republik 1968, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Konfliktkommissionsordnung.pdf/7&oldid=- (Version vom 7.11.2023)