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durch die olympischen Götter. In einem der beiden Seitenfelder ist Aphrodite, umgeben von Amoretten, im andern der mit dem himmlischen Feuer herabsteigende Prometheus, über dem hoch in den Wolken die Parzen, dargestellt.

Im selben Jahre 1889 wurde dem Meister vom Provinzialausschuss in Breslau die Ausführung der Wandgemälde im Treppenhause des Schlesischen Museums, dessen Kuppel vor mehreren Jahren der bereits verstorbene Schaller ausgemalt, endgiltig übertragen. Während das Schaller’sche Deckenbild um einen blumenstreuenden Eros Darstellungen der Culturanfänge gruppirt, componirte Prell in die sich ihm darbietenden zwei je drei Nischen enthaltenden Wandflächendes quadratischen Raumes (die beiden anderen Wände sind durch je drei Türen durchbrochen) auf der Ostwand ein Bild der classischen, auf der Westwand ein Bild der christlichen Kunstepoche. Als Mittelpunkt der einen Wand erscheint Apollon, der die Menschen durch Gesang erhebt, während zur Linken Paris der Göttin der Schönheit den Siegespreis reicht, zur Rechten ein Jüngling den Pegasus bändigt, der ihn zum Olymp emportragen soll. Als Mittelpunkt der andern Wand erscheint in leuchtenden Wolken die Gestalt Christi über dem von Engeln und heilsbedürftigen Menschen umringten Paradiesesbrunnen, in den Seitenfeldern aber der heil. Georg als Besieger des Drachens u. Dante mit Beatrice als Führerin zur Seligkeit. (Vgl. Hermann Prell’s Fresken im Treppenhause des Schlesischen Museums der bildenden Künste zu Breslau. 9 Tafeln in Heliogravüre. Text von Julius Janitsch. Berlin 1895).

1891 beteiligte sich Prell, infolge Aufforderung, an der Concurrenz für die Ausschmückung des Stadtverordnetensaales im Rathause zu Danzig. Von den sechs Wandgemälden (aus den Mitteln einer Stiftung der Gebrüder Jüncke) fiel die Ausführung von 2 Bildern ihm zu, während die übrigen vier von E. Röber in Ddf., C. Röchling in Berlin u. A. gemalt wurden. Da die Ungunst der Beleuchtung des Saales die Ausführung al fresco ausschloss, so mussten alle 6 Bilder in Temperafarben auf Leinwand hergestellt werden. Die von Prell gemalten aus der Blütezeit Danzig’s sind:

1) Der Polensturm auf Weichselmünde: Die Danziger Bürger schlagen den Sturm des Polenkönigs Stephan Bathory 1577 heldenmütig ab u. vernichten durch brennende Schiffe das in Kähnen vordringende Heer. Bez: H. Prell 1895. (Dresd. ak. KA. 1895, Abb. im Kat.)
2) Die Uebergabe eines von Danziger Handelsherren nach Venedig gebrachten Bildes an den Dogen Marino Grimani 1601. Bez: H. Prell 1892. (Abbildungen beider Bilder, deren spitzbogige Form durch die Wandflächen bestimmt war, in „Zeitschr. f. bild. Kunst“ VII. Jahrg., Heft 7 vom April 1896).

Nach dem Tode Theodor Grosse’s (gest. 10. Oct. 1891) wurde Prell zu dessen Nachfolger berufen. Seit Anfang 1892 wirkt er nun als Lehrer an der Oberclasse der Dresdner Kunstakademie, Vorstand eines Ateliers für Geschichtsmalerei mit dem Professortitel und Mitglied des akad. Rates. Ehrenh. Erw. Berl. Jub.-A. 86; Gr. gold. Med. Berl. 93.

Die neueste Aufgabe Prell’s ist, den nach den Plänen des Reg.-Baumeisters Prof. Alfred Messel völlig umgestalteten Thronsaal der deutschen Botschaft im Palazzo Caffarelli zu Rom mit Wandgemälden aus der deutschen Mythologie zu schmücken. Der Inhalt ist die Geschichte der Liebe Freyr’s, des Sonnengottes, zu Gerda, der Naturkraft der Erde. In drei allegorischen Compositionen, die dem Frühling, Sommer u. Winter entsprechen, erblicken wir auf der ersten Wand den jugendlichen Sonnengott, dem die Schwanenjungfrauen von der in der Felsenhöhle schlummernden Gerda berichten; auf der zweiten Wand die aus der Erde befreite Gerda, um deren Besitz Freyr mit den Berg- u. Winterriesen kämpfen muss; auf der dritten Wand die Trennung der Liebenden, als Allegorie auf den Winter. Die Winterriesen haben Gerda geraubt u. tragen sie in ihre Felsenhöhle zurück. Der Sänger Bragi aber singt von der verlorenen Liebe.

I. Oelgemälde.

1. Die letzte Jagd. Ein Zehnender, von zwei Rüden gepackt, stürzt mit ihnen in den Abgrund. Den verfolgenden Reiter ereilt das gleiche Geschick. Abb. „Gartenlaube“ 1881; „Kunst unserer Zeit“ III. (1892). – Berl. ak. KA. 78.
2. Studienkopf. Junges blondes Landmädchen mit Blumenstrauss in der Rechten. Holzschn. „Zeitschr. f. bild. K.“ 1883. – Berl. ak. KA. 83.
3. Abendgang. Eine j. Frau mit einem Kinde in den Armen durch eine Landschaft wandelnd. Ein geflügelter Genius läutet den Abend ein. Bez: H. Prell 1885. Abb. „Illustr. Z.“ 1887; „Kunst unserer Zeit“ III. (1892).
4. Erster Frühling. Liebespaar aus der Renaissancezeit unter alten Buchen, von deren einer ein kl. Eros auf dasselbe herabschaut. Bez: H. Prell 1885. Holz. h. 0,45, br. 0,61. Abb. „Gartenlaube“ 1888; „Kunst unserer Zeit“ III. (1892). – Gurlitt’s Berl. Herbst-A. 86; Bangel’s Frankf. K.-Auct, 14. Nov. 87; Berl. ak. KA. 89.
5. Judas Ischarioth, dem zwei Priester die 30 Silberlinge darbieten. Hinter einem Hügel geht der Vollmond auf. Fast lebensgr. Figuren. Bez: H. Prell pinxt 1886. Abb. „Zeitschr. f. bild. K.“ 1887; „Kunst unserer Zeit“ III. (1892). – Berl. Jub.-A. 86; Dresd. KV. Anfang 87; Wiener Jub.-A. 88; Münch. JA. (Glasp.) 89. Angek. f. die Dresd. Galerie 1894 aus den Zinsen der Pröll-Heuer-Stiftung.
6. Herbst. – Berl. ak. KA. 87.
7. Ruhe auf der Flucht. Die heil. Familie unter einem Baum am Wasser rastend, ein gr. Engel spielt die Geige. Bez: H. Prell 1888–90. Abb. „Kunst f. Alle“ 1890. – Berl. ak. KA. 88; Berl. int. KA. 91. Angek. vom Schles. Museum in Breslau 1892.
8. Leopold v. Dessau u. die Annelise. Der Prinz begrüsst nach seiner Heimkehr aus Italien seine Geliebte u. spätere Gemahlin. Abb. „Gartenlaube“ 1889; „Moderne Kunst“ IV. (1890); Kupferätzung roy. qu. fol. E: Commerz.-R. R. Roesicke, Berlin. – Berl. ak. KA. 89, Abb. im Kat.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band. Fr. v. Boetticher’s Verlag, Dresden 1898/1901, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Malerwerke_des_neunzehnten_Jahrhunderts_Zweiter_Band.pdf/314&oldid=- (Version vom 6.8.2023)